Rz. 27
Einen weiteren Fall des gesetzlichen Forderungsübergangs im Rahmen der Verkehrsunfallbearbeitung regelt § 86 Abs. 1 VVG (früher: § 67 Abs. 1 VVG a.F.). Danach geht der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt.
Für die Verkehrsunfallbearbeitung spielt diese Regelung eine bedeutende Rolle, weil der Forderungsübergang die Leistungen des Kaskoversicherers betreffen kann. Der Anspruch nach § 86 Abs. 1 VVG (§ 67 VVG a.F.) umfasst auch solche Sachverständigenkosten, die der Versicherer aufwendet, um einen Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen ersatzpflichtigen Dritten feststellen zu lassen.
Beispiel
A und B verursachen mit ihren Fahrzeugen einen Verkehrsunfall. Da die Haftungsfrage nicht eindeutig geklärt ist, entschließt sich A dazu, seinen Vollkaskoversicherer auf Ausgleich des Fahrzeugschadens unter Abzug des vereinbarten Selbstbehalts in Anspruch zu nehmen. In Höhe der vom Kaskoversicherer erbrachten Leistungen gehen die dem A gegen B zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz auf den Kaskoversicherer über.
Rz. 28
Gem. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG kann der Anspruchsübergang "nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden". Diese gesetzliche Regelung beinhaltet ein sog. Quotenvorrecht. Ebenso wie im Rahmen des § 6 EFZG findet der Anspruchsübergang nicht zum Zeitpunkt des Schadenseintritts, sondern erst zum Zeitpunkt der Leistungserbringung statt.
Rz. 29
Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang gem. § 86 Abs. 3 VVG nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht. Weitere Ausführungen zu diesem Forderungsübergang befinden sich im Abschnitt zur Kaskoversicherung.
Rz. 30
Achtung: Regressfalle! – Obliegenheit gem. § 86 Abs. 2 S. 1 VVG
Die Vorschrift des § 86 Abs. 2 S. 2 VVG enthält das so genannte Aufgabeverbot. Danach ist der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer verpflichtet, seinen Ersatzanspruch gegenüber dem Dritten zu wahren. In Konsequenz dessen ist dem Versicherungsnehmer jegliches Handeln verboten, das zum Verlust des Anspruchs gegen den Dritten führt oder dessen Realisierung hindert, worunter auch der Abschluss eines Vergleichs fallen kann.
Verzichtet ein Versicherungsnehmer durch einen Abfindungsvergleich auf zukünftige Ansprüche gegen einen Dritten, so liegt hierin gegenüber seinem Versicherer eine Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 86 Abs. 2 S. 1 VVG. Die Obliegenheitsverletzung kann den Versicherer je nach dem Grad des Verschuldens dazu berechtigen, seine Leistung zu kürzen oder komplett zu verweigern. Basiert der Verzicht auf einem Prozessvergleich, so ist hinsichtlich des Verschuldens dieser Obliegenheitsverletzung gemäß § 85 Abs. 2 ZPO auf die Person des Prozessbevollmächtigten und nicht auf die des Versicherungsnehmers abzustellen. Dies kann zur Annahme einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung und damit zum kompletten Verlust des Versicherungsschutzes führen.
Ein Verzicht kann beispielsweise dazu führen, dass dem eigenen Haftpflichtversicherer die Möglichkeit genommen wird, einen Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich geltend zu machen. Von Bedeutung ist das Aufgabeverbot auch für den Kaskoversicherer und für den privaten Krankenversicherer.