I. Rechtsnatur des Bauträgervertrags
1. Definitionen
Rz. 1
Der Bauträgervertrag ist nach § 1 der Verordnung über Abschlagszahlungen bei Bauträgerverträgen und gem. § 650u Abs. 1 S. 1 BGB ein Vertrag, der die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks auf einem Grundstück zum Gegenstand hat und zugleich die Verpflichtung enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen oder ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu übertragen. Nach § 3 Abs. 1 MaBV i.V.m. § 34c Abs. 1 S. 1 Nr. 4a GewO liegt für das Gewerberecht ein Bauträgervertrag vor, wenn ein Gewerbetreibender ein Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene oder fremde Rechnung durchführen und dazu Vermögenswerte von Erwerbern verwenden will und dem Auftraggeber Eigentum an einem Grundstück übertragen oder ein Erbbaurecht bestellt oder übertragen werden soll.
2. Einheitlichkeit des Vertrags
Rz. 2
Der Bauträgervertrag ist ein einheitlicher Vertrag, nach dem der Bauträger eine einheitliche Leistung, nämlich die fristgemäße Bauerrichtung und die lastenfreie Eigentumsverschaffung gegen eine einheitliche Vergütung des Erwerbers, schuldet. Ein Bauträgervertrag in diesem Sinne liegt nicht nur dann vor, wenn mit den Bauarbeiten erst nach Vertragsschluss begonnen wird. Vertragsgegenstand kann vielmehr auch ein im Bau befindliches oder bis auf geringe Restarbeiten fertig gestelltes Objekt sein. Aus der Einheitlichkeit des Bauträgervertrags folgt, dass für die Vergütung von Planungsleistungen die HOAI nicht gilt und auch das Koppelungsverbot aus Art. 10 § 3 MRVerbG nicht anwendbar ist. Durch letzteres ist eine Vereinbarung unwirksam, in der sich der Erwerber eines Grundstücks zur Beauftragung eines bestimmten Architekten oder Ingenieurs für die Planung oder Bauausführung verpflichtet.
3. Anwendbarkeit von Kauf- und Werkvertragsrecht
Rz. 3
Der Anspruch auf Übertragung des Eigentums am Grundstück oder auf Bestellung oder Übertragung des Erbbaurechts richtet sich nach den Vorschriften des Kaufrechts (§ 650u Abs. 1 S. 2 BGB). Der Anspruch auf die Errichtung und Umbau des Gebäudes richtet sich nach den Regelungen des Werkvertrags (§§ 633 ff. BGB) und des Bauvertrags (§§ 650a ff. BGB). Zu Letzteren gehören auch die Regelungen über den Verbraucherbauvertrag (§§ 650i Abs. 1 BGB). Ausgenommen von der Anwendung sind gem. § 650u Abs. 2 BGB die Regelungen der §§ 648, 648a, 650b bis 650e, 650k Abs. 1 sowie 650l und 650m Abs. 1 BGB. Hierbei handelt es sich um die Kündigungsrechte des Bauvertrags, das Anordnungsrecht des Bestellers, das Recht zum Widerruf und die Abschlagszahlungsregelung.
Rz. 4
Gesondert zu betrachten sind die Fälle, in denen das Bauwerk bei Vertragsschluss bereits fertig gestellt ist ("Nachzügler"). Die Rechtsprechung hat auf die das Bauwerk betreffenden Teile dieser Verträge unter dem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht Werkvertragsrecht angewendet. In der Literatur wird mit beachtlichen Argumenten für diese Fälle die Anwendung von Kaufrecht auch für das Bauwerk für sachgerecht angesehen. Der BGH hat inzwischen entschieden (Urt. v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15), dass sich Ansprüche der Erwerber wegen Mängeln an neu errichteten Häusern oder Eigentumswohnungen aus nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes abgeschlossenen Bauträgerverträgen weiterhin grundsätzlich nach Werkvertragsrecht richten, auch wenn das Bauwerk bereits fertiggestellt ist. In seinem Urt. v. 25.2.2016 – VII ZR 156/13 hat der BGH zur zeitlichen Anwendung des Werkvertragsrechts entschieden, dass sich bei Eigentumswohnungen, die der Bauträger ungefähr drei Jahre nach der Errichtung veräußert hat und die zuvor vermietet waren, die Sachmängelhaftung nach Kaufrecht richte.
Rz. 5
Besonderheiten bestehen auch in den Fällen der Altbausanierung. Hat sich der Bauträger im Vertrag mit dem Erwerber zu einer Totalsanierung eines Bestandsobjektes verpflichtet, haftet er für Sachmängel der gesamten Bausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertragsrechts. Er haftet bei der Totalsanierung auch für die Altbausubstanz wie bei einem Neubau. Ob eine Totalsanierung vorliegt, richtet sich danach, ob die übernommene Herstellungsverpflichtung insgesamt nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar ist. Der BGH hat eine Totalsanierung angenommen bei umfassenden Modernisierungsarbeiten nebst Aufstockung der Altbausubstanz um zwei zusätzliche Stockwerke. Ein Haftungsausschluss kann wegen §§ 633 ff. BGB i.V.m. § 309 Nr. 8 b. bb. BGB nicht wirksam vereinbart werden. Hat sich der Bauträger im Vertrag mit dem Erwerber zu einer Teilsanierung eines Bestandsobjektes verpflichtet, d.h. zu Arbeiten, die nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten nicht vergleichbar sind, gilt für die unberührt gebliebene Altbausubstanz bei Mängeln Kaufrecht und ein Haftungsausschluss kann wirksam vereinbart werden. Werkvertragsrecht gilt dann nur hinsichtlich der sanierten Bausubstanz, soweit die vertraglich übernommene Herstellungspflicht des Bauträgers betroffen ist. Der BGH unterscheidet bei der Anwendung dieser Grundsätze nicht zwischen einer Sanierung vor od...