Rz. 85

Zwei weitere wesentliche Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH sind

hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung/Rechtsverteidigung,
die Rechtsverfolgung darf nicht mutwillig erscheinen.

a) Erfolgsaussicht

 

Rz. 86

Mit seinem Antrag auf Bewilligung von PKH reicht der Antragsteller auch die Klage oder den Antrag ein, für den er PKH begehrt. Dabei kann es sich um eine Rechtsverfolgung des Antragstellers handeln (Antragsteller ist Kläger/Antragsteller) oder aber um eine Rechtsverteidigung (Antragsteller ist Beklagter/Antragsgegner).

 

Rz. 87

Seitens des Gerichts (der Vorsitzende oder ein von ihm ersuchtes Mitglied) erfolgt gem. § 118 Abs. 3 ZPO die Prüfung hinsichtlich der Erfolgsaussicht des Antrages.

 

Abwandlung 1 zu Beispiel 1 (Rdn 75):

Der scheidungswillige Mandant M lebt seit zehn Monaten von seiner Ehefrau getrennt. Er hat sich in eine andere Frau verliebt und will sich unbedingt scheiden lassen. Seine Ehefrau möchte ebenfalls die Scheidung der Ehe.

 

Rz. 88

Es erfolgt hinsichtlich des Scheidungsantrags eine Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung. Die Antragsgegnerin in dem Scheidungsverfahren, die Ehefrau des Antragstellers, erhält vom Gericht gemäß den Vorschriften des § 118 Abs. 1 ZPO die Antragsschrift und kann hierzu eine Stellungnahme zu dem PKH-Antrag abgeben. Sofern es sich nicht um eine sog. "Härtefall-Scheidung" handelt, wird vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Eheleute (mindestens) ein Jahr voneinander getrennt leben (§ 1566 BGB), beide den Scheidungsantrag stellen oder einer der Ehescheidung zustimmt. Anderenfalls müssen die Eheleute drei Jahre voneinander getrennt leben (§ 1566 Abs. 2 BGB). Da unser Mandant M aus dem o.g. Beispiel die Scheidung der Ehe ohne Einhaltung des Trennungsjahres beantragt, würde die Bewilligung von PKH an der Erfolgsaussicht seines Antrages scheitern.

 

Rz. 89

 

Praxistipp:

In diesem Stadium könnte der Antrag gestellt werden, dass PKH nach Ablauf des Trennungsjahres bewilligt werden soll (vorausgesetzt die Antragsgegnerin stimmt der Ehescheidung zu und begehrt ebenfalls die Scheidung der Ehe).

 

Rz. 90

 

Abwandlung 2 zu Beispiel 1 (Rdn 75):

Mandant M lebt seit eineinhalb Jahren von seiner Ehefrau getrennt und begehrt die Scheidung der Ehe. Die Ehefrau des Antragsgegners stimmt einer Ehescheidung ebenfalls zu.

In diesem Fall dürfte die Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung, wenn der Mandant M gem. § 118 Abs. 2 ZPO nach seinen eigenen Angaben glaubhaft angegeben hat, dass die Ehe endgültig gescheitert ist, positiv bewertet werden.

 

Rz. 91

 

Beispiel 2:

B wird von A wegen Rückzahlung eines Darlehens verklagt. B beantragt Klageabweisung und stellt den Antrag auf Bewilligung von PKH. Er überreicht mit seinem Antrag eine Kopie des Kontoauszuges, mit dem die Rückzahlung des Darlehens an A dokumentiert ist.

Hier liegt für die beabsichtigte Rechtsverteidigung (weitere Ratenzahlungen vorausgesetzt) hinreichende Erfolgsaussicht vor, so dass PKH bewilligt werden könnte.

b) Mutwilligkeit

 

Rz. 92

Von Mutwilligkeit spricht man, "wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. Zöller/Philippi, § 114 ZPO Rn 30, m.w.N.). Mutwillig handelt danach, wer den kostspieligeren von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen beschreitet (Zöller/Philippi, § 114 ZPO Rn 34, m.w.N.)."

 

Rz. 93

 

Beispiel 3:

Die Ehefrau unseres Mandanten M, der die Scheidung begehrt, ist eine sehr erfolgreiche Geschäftsfrau, die zudem sehr wohlhabend ist. In diesem Fall hat unser Mandant, bevor er die VKH beantragt, die Möglichkeit gem. § 1360a Abs. 4 BGB, von seiner Ehefrau zur Durchführung des Scheidungsverfahrens einen sog. Prozesskostenvorschuss im Wege der einstweiligen Anordnung anzufordern, der Vorschussbetrag kann aber auch eingeklagt werden. Wählt unser Mandant also nicht zunächst diesen Weg, kann ihm VKH versagt werden, da er mutwillig gehandelt hat.

 

Rz. 94

 

Beispiel 4:

Dem Mandanten M, der seit drei Monaten die Mietzahlungen eingestellt hat und sich von dem "eingesparten" Geld einen neuen Flachbildfernseher im Wert von 1.200,00 EUR angeschafft hat, wird eine Zahlungs- und Räumungsklage vom AG zugestellt. Da er über ein sehr geringes Einkommen verfügt, stellt er einen PKH-Antrag und beantragt zunächst, die Klage abzuweisen. Des Weiteren teilt er dem Gericht mit, dass er lediglich in der Lage ist, den Mietrückstand ratenweise à 50,00 EUR zu tilgen.

In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass dem Mandanten M keine PKH bewilligt wird, da die Rechtsverteidigung des Mandanten M aussichtslos ist und Mutwilligkeit gegeben ist. Schließlich ist der Mieter verpflichtet, die Miete pünktlich in der vereinbarten Höhe an den Vermieter zu bezahlen, sofern nicht Gründe gegeben sind, die eine Zurückbehaltung der Miete oder ggf. eine Mietminderung rechtfertigen.

 

Rz. 95

 

Beispiel 5:

M strebt eine Unterhaltsklage an, obwohl der Ehegatte E pünktlich und regelmäßig Unterhalt zahlt.

 

Rz. 96

 

Beispiel 6:

A verpasst B nach einer verbalen Auseinandersetzung eine schallende Ohrfeige. Dabe...

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