1. Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe beim AG

 

Rz. 32

In diesem Fall stellt der Antragsteller den Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe und Erteilung eines Berechtigungsscheins für Beratungshilfe direkt beim AG. Diesen Antrag kann der Antragsteller mündlich oder schriftlich stellen.

 

Rz. 33

Das AG kann ebenfalls Beratungshilfe gewähren (§ 3 Abs. 2 BerHG), wenn dem Rechtssuchenden sofort eine Auskunft erteilt werden kann oder ein Hinweis in Bezug auf die Möglichkeit anderer Hilfe möglich ist. Des Weiteren, wenn Hilfestellung bei Anträgen oder Erklärungen durch das AG erfolgen kann. In diesem Fall ist die Beratung, sofern sie über das AG erfolgt, kostenlos.

 

Beispiel:

Student M, der in Berlin-Schöneberg seinen Wohnsitz hat, verfügt außer BAföG-Leistungen über keinerlei Einkommen oder Vermögen. Er möchte eine Erbschaft ausschlagen, da der Nachlass überschuldet ist. Da er dringend Auskunft darüber benötigt, was bei der Ausschlagung des Erbes beachten werden muss, beantragt er bei dem AG Schöneberg, ihm Beratungshilfe zu bewilligen. Sofern der Rechtspfleger hier in der Lage ist, dem Antragsteller eine Auskunft zu erteilen oder ihn z.B. hinsichtlich der Erbschaftsausschlagung an das Nachlassgericht zu verweisen, kann die Beratungshilfe durch das Gericht erfolgen.

 

Rz. 34

Der Antragsteller muss bei Antragstellung seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse glaubhaft machen. I.d.R. belegt er seine Einkommens- und Verbindlichkeitsnachweise. Er schildert dem Rechtspfleger das Anliegen seines Antrags. Der Rechtspfleger entscheidet sodann über den gestellten Antrag.

Entscheidet der Rechtspfleger positiv über den Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe, erhält der Antragsteller einen sog. Berechtigungsschein für Beratungshilfe. Mit diesem Berechtigungsschein kann sich der Antragsteller an einen RA seiner Wahl wenden, der für diesen tätig wird.

 

Rz. 35

 

Hinweis:

In diesem Fall ist der Vergütungsanspruch des RA zunächst gesichert. Der RA sollte jedoch in dem Berechtigungsschein darauf achten, in welchem Umfang Beratungshilfe bewilligt worden ist.

Oftmals wird Beratungshilfe lediglich auf eine Beratung beschränkt. Das bedeutet, dass ein Vergütungsanspruch für eine Tätigkeit (z.B. Anschreiben an den Gegner) von der Beratungshilfe nicht erfasst ist. Der RA kann hier lediglich die Gebühr für die Beratung mit der Landeshauptkasse abrechnen, auch wenn er darüber hinaus tätig geworden ist und durch die Tätigkeit eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2503 VV ausgelöst wurde.

Hier sollte der Mandant, wenn über die Beratung hinaus eine weitere Tätigkeit erforderlich ist, an das AG verwiesen werden, um den Berechtigungsschein insoweit ergänzen zu lassen.

2. Nachträglicher Antrag durch den RA

 

Rz. 36

Sofern der Rechtssuchende den direkten Weg zum RA wählt, ist der Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe nachträglich innerhalb der 4 Wochen-Frist (vgl. Rdn 23) zu stellen. Hierzu ist ein Antragsformular zu verwenden

 

Rz. 37

Über den nachträglich gestellten Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe entscheidet der Rechtspfleger beim AG. War der RA beratend tätig und wird der Antrag nachträglich gestellt, so ist in diesem Stadium ungewiss, ob Beratungshilfe überhaupt bewilligt wird. Kommt z.B. der Rechtspfleger zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller, wie im Beispiel unter Rdn 27 in diesem Kapitel geschildert, die Möglichkeit hatte, sich zunächst an den Mieterschutzbund zu wenden, wird der Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe abgelehnt.

 

Rz. 38

Ebenso ist es möglich, dass der Rechtspfleger Beratungshilfe ablehnt, weil der Antrag des Antragstellers mutwillig ist.

Des Weiteren ist es auch möglich, dass der Rechtspfleger feststellt, dass aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gar kein Anspruch auf Beratungshilfe besteht.

 

Rz. 39

Bitte unterschätzen Sie nicht, wie viel Arbeit und Zeit in dieses Mandat investiert wird, ohne dass eine Zahlung – im günstigsten Fall eine Zahlung in Höhe von 15,00 EUR nach Nr. 2500 VV RVG – geleistet wird. Zum einen wird der RA tätig, die Mitarbeiter legen die Akte an. Das Antragsformular, das von dem Rechtssuchenden auszufüllen und zu unterzeichnen ist, wird sehr oft mit der Unterstützung des RA oder seinen Mitarbeiterin ausgefüllt und bei dem Gericht – gegen Porto – eingereicht. Bis der Rechtspfleger über den Antrag entscheidet, vergeht in aller Regel viel Zeit. In der Zwischenzeit hatte der Mandant ggf. Rückfragen.

 

Rz. 40

Oft ist der Fall gegeben, dass das Gericht bzw. der Rechtspfleger bevor abschließend über den Antrag entschieden wird, ebenfalls Rückfragen hat oder Belege hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse anfordert. Die Rückfragen des Rechtspflegers kann der RA nicht ignorieren und auch hier, wird abermals Arbeit, Zeit und Geld in ein Mandant investiert, das – auch für den Fall, dass Beratungshilfe bewilligt wird – in keinem Verhältnis zu der Vergütung steht, die im Beratungshilfeverfahren bezahlt wird.

 

Rz. 41

Im allergünstigsten Fall wird Beratungshilfe bewilligt und im ungünstigsten Fall geht der RA praktisch "leer" aus, wenn er ...

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