Prof. Dr. Jutta Müller-Lukoschek
A. Allgemeines
Rz. 1
Die ErbVO gilt gem. ihrem Art. 23 Abs. 2 Buchstabe b auch für eingetragene Lebenspartner, also solche Personen, die gemäß dem (deutschen) Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft vom 16.2.2001 (LPartG) – bzw. vergleichbaren Gesetzen in anderen Staaten – eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet haben.
Grundsätzlich gilt deshalb für eingetragene Lebenspartner nichts anderes als für Ehegatten, die Ausführungen der vorangegangenen Kapitel sind also sinngemäß auf eingetragene Lebenspartner zu übertragen.
Rz. 2
Bislang galt für die kollisionsrechtliche Behandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften Art. 17b EGBGB, der zunächst die Begründung und Auflösung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft den Sachvorschriften des Register führenden Staates unterstellt (Art. 17b Abs. 1 S. 1 EGBGB).
Die erbrechtliche Kollisionsnorm ergab sich aus Art. 17b Abs. 1 S. 2 EGBGB.
Art. 17b Abs. 1 S. 2 Hs. 1 EGBGB beschäftigte sich mit der Frage der erbrechtlichen Folgen der Lebenspartnerschaft und verwies dafür auf "das nach den allgemeinen Vorschriften maßgebende Recht". Damit unterstand das Erbrecht der eingetragenen Lebenspartner grundsätzlich Art. 25 Abs. 1 EGBGB (berufen und anwendbar war also das Heimatrecht des Erblassers). Mit Art. 17b Abs. 1 S. 2 Hs. 2 EGBGB (und Verweisung auf Art. 17b Abs. 1 S. 1 EGBGB) lag aber nach bisherigem Recht eine bedeutsame Ausnahme vor: Sofern nämlich nach dem über Art. 25 Abs. 1 EGBGB anwendbaren Heimatrecht durch die Lebenspartnerschaft kein gesetzliches Erbrecht begründet wurde, fand für die Erbfolge – in Abweichung von der Anknüpfung an das Heimatrecht des Erblassers – das Recht des Register führenden Staates Anwendung. Mit dieser Hilfsanknüpfung wollte der deutsche Gesetzgeber der noch verbreiteten Ablehnung und Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften entgegenwirken und sicherstellen, dass jedenfalls in Deutschland registrierten Lebenspartnern auch ein wechselseitiges Erbrecht zustehe.
Beispiel:
Zwei Algerier begründen in Deutschland eine eingetragene Lebenspartnerschaft, verlegen dann aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach Algerien, wo einer der Lebenspartner verstirbt. Die Rechtsfigur der eingetragenen Lebenspartnerschaft ist im algerischen Recht unbekannt, sie hat auch keine Entsprechung (und demgemäß ist der überlebende Lebenspartner nach algerischem Recht nicht zur Erbfolge berufen).
B. Bisherige Rechtslage
Rz. 3
Auf die Rechtslage aus deutscher Sicht kam es an, wenn der Erblasser Vermögen in Deutschland hinterlassen hat. Das soll für den Beispielsfall angenommen werden, und der überlebende Partner wollte einen Erbschein beantragen.
Die Internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergab sich über § 105 i.V.m. § 343 Abs. 3 FamFG aus der Tatsache, dass sich Vermögen des Erblassers im Inland befindet (es kommt nicht darauf an, ob es sich um Immobilien oder bewegliches Vermögen handelt).
Rz. 4
Kollisionsrechtlich kam es nicht zur Anknüpfung an das algerische Heimatrecht. Dies wäre über die Regelanknüpfung des Art. 17b Abs. 1 S. 2 Hs. 1/Art. 25 Abs. 1 EGBGB maßgeblich; weil dieses aber kein gesetzliches Erbrecht des Lebenspartners kennt, ist nicht dieses Recht berufen, sondern es galt die Ausnahmeregelung des Art. 17b Abs. 1 S. 2 Hs. 2 i.V.m. Art. 17b Abs. 1 S. 1 EGBGB, d.h. deutsches Recht als das Recht des Register führenden Staates war maßgeblich. Danach ist ein Erbrecht des überlebenden Partners gem. § 10 LPartG gegeben und der Lebenspartner ist zur Erbfolge berufen (und zwar zur gesetzlichen Erbfolge nach deutschem Recht, sofern der Erblasser nicht testiert hatte).