Rz. 162

Eine Neuerung des neuen Versorgungsausgleichsrechts ist der korrespondierende Kapitalwert. Mit ihm hat der Gesetzgeber eine Hilfsgröße geschaffen, die es ermöglichen soll, verschiedene Versorgungen, aber auch Versorgungen mit anderen Vermögenswerten zu vergleichen. Das soll z.B. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich, aber auch über sonstige Vermögensgegenstände erleichtern. Die Einführung des korrespondierenden Kapitalwerts war einer der Kernpunkte der Reform.

I. Begriff und Bedeutung

 

Rz. 163

Der korrespondierende Kapitalwert ist eine Hilfsgröße für ein Anrecht, dessen Ausgleichswert nach § 5 Abs. 3 VersAusglG nicht bereits als Kapitalwert bestimmt ist (§ 47 Abs. 1 VersAusglG). Er dient der Vergleichbarmachung von Anrechten, soweit dies im neuen Ausgleichssystem noch erforderlich ist, wie etwa in den Fällen des § 31 VersAusglG.[51] § 47 Abs. 6 VersAusglG stellt aber klar, dass bei einem Wertvergleich in den Fällen der §§ 6 bis 8, 18 Abs. 1 und 27 VersAusglG nicht nur die Kapitalwerte und korrespondierenden Kapitalwerte zu berücksichtigen sind, sondern auch die weiteren Faktoren der Anrechte, die sich auf die Versorgung auswirken. Das relativiert die Bedeutung des korrespondierenden Kapitalwerts.

 

Rz. 164

Der korrespondierende Kapitalwert entspricht (vorbehaltlich der in § 47 Abs. 3 bis 5 VersAusglG enthaltenen Spezialregeln) dem Betrag, der zum Ende der Ehezeit aufzubringen wäre, um beim Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person für sie ein Anrecht i.H.d. Ausgleichswerts zu begründen (§ 47 Abs. 2 VersAusglG). Es handelt sich also um den "Einkaufspreis"[52] des Anrechts zum Ehezeitende. Zu beachten ist, dass der korrespondierende Kapitalwert einer Versorgung nichts darüber aussagt, wie hoch die aus dem Anrecht fließende Versorgung sein wird. Diese ist von weiteren Faktoren abhängig, v.a. vom Geschlecht und Lebensalter des Versorgungsberechtigten, dem Rechnungszins und ähnlichem. Es kann deswegen vorkommen, dass für einen Ausgleichsberechtigten aus einem Anrecht mit einem hohen korrespondierenden Kapitalwert nur verhältnismäßig geringe Leistungen fließen werden. Da die Ausgleichsberechtigten aber im Regelfall nicht interessiert, welchen Kapitalwert eine auszugleichende Versorgung hat, sondern welche Leistungen aus dem Anrecht später einmal fließen werden, sollte im Bedarfsfall (v.a. vor einer vertraglichen Vereinbarung) in "kritischen" Fällen nicht blind auf den korrespondierenden Kapitalwert vertraut werden, sondern zumindest überschlägig auf versicherungsmathematischem Wege mithilfe der aktuellen Sterbetafeln ausgerechnet werden, was in etwa an Versorgung zu erwarten ist.

 

Rz. 165

 

Beispiel

Ehezeitende 2013.[53] Auf Seiten der Ehefrau sind 8,3412 Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen. Die führen (2013) bei einem aktuellen Rentenwert von 27,20 EUR zu einer Rente von 226,88 EUR. Der Ausgleichswert beträgt 4,1706 Entgeltpunkte und führt zu einer Altersrente von 113,44 EUR. Der korrespondierende Kapitalwert dieses Ausgleichswerts sind 26,560,87 EUR. Der Ehemann ist Arzt und hat ein Anrecht in der Ärzteversorgung erworben. Dieses beläuft sich auf eine Monatsrente von 353,13 EUR, so dass der Ausgleichswert 176,57 EUR beträgt. Der korrespondierende Kapitalwert beträgt 27.056,70 EUR. Die korrespondierenden Kapitalwerte der Anrechte sind also fast identisch (Differenz nur 495,83 EUR Kapitalwert zugunsten des Anrechts des Ehemannes). Die Rente, die aus dem auszugleichenden Anrecht folgt, ist aber ca.1,5mal so groß wie beim Anrecht der Ehefrau. Das liegt an der unterschiedlichen Risikostruktur der Versorgungen und an dem besonders hohen Wert, den die Erwerbsunfähigkeitsversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung hat. Im Interesse des Ehemannes wäre es hier, seine Versorgung möglichst zu behalten, während die Ehefrau auf keine vertragliche Regelung eingehen darf, durch welche der Ausgleich wegen der nur geringen Kapitaldifferenz der Ausgleichswerte ausgeschlossen wird. Insoweit kann deswegen auch § 18 VersAusglG nicht angewendet werden.

[51] OLG Dresden FamRZ 2014, 1639.
[52] BT-Drucks 16/10144, S. 84.
[53] Es handelt sich um einen Originalfall, der dem Verfasser vorgelegen hat.

II. Berechnung des korrespondierenden Kapitalwerts

 

Rz. 166

Für die Berechnung des korrespondierenden Kapitalwerts enthält § 47 Abs. 2 VersAusglG eine generelle Regelung und in den Abs. 3 bis 5 spezielle Vorschriften für einzelne Arten von Anrechten: für Anrechte aus öffentlichen Dienstverhältnissen i.S.d. § 44 Abs. 1 VersAusglG (zu diesen Anrechten siehe oben Rdn 124 ff., zur Bestimmung des korrespondierenden Kapitalwerts siehe unten Rdn 176 ff.), in § 47 Abs. 3 VersAusglG, für Anrechte i.S.d. Betriebsrentengesetzes in § 47 Abs. 4 Satz 1 (siehe dazu Rdn 180 ff.) und für die Zusatzversorgungen des öffentlichen und kirchlichen Dienstes in § 47 Abs. 4 Satz 2 VersAusglG (siehe dazu Rdn 183 ff.).

 

Rz. 167

Als Grundregel definiert § 47 Abs. 2 VersAusglG, dass der korrespondierende Kapitalwert dem Betrag entspricht, der zum Ende der Ehezeit aufzubringen wäre, um beim Versorgungstr...

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