Rz. 12

Die Grundsätze der Bewertung von Versorgungsanrechten finden sich heute im zweiten Teil des VersAusglG. Dabei ist der Begriff "Bewertung" an sich missverständlich; denn es geht nicht mehr wie im alten Recht um die Ermittlung des Werts von Anrechten, um diese in eine Anrechtebilanz einstellen zu können, sondern um die Ermittlung des Ehezeitanteils. Der Wert eines Anrechts ist heute für den Ausgleich grds. unerheblich, weil grds. jedes Anrecht unmittelbar intern geteilt wird. Bewertungsfragen im engeren Sinne stellen sich nur dann, wenn es um den Ausgleich durch Vereinbarung (§§ 6 bis 8 VersAusglG, siehe dazu § 7 Rdn 1 ff.) den externen Ausgleich (§§ 14 bis 17 VersAusglG, siehe dazu § 8 Rdn 335 ff.) den Ausschluss des Ausgleichs wegen Geringfügigkeit (§ 18 VersAusglG, siehe dazu § 8 Rdn 37 ff.) oder den Vergleich des Werts von Versorgungsanrechten mit anderen Vermögenspositionen geht, um zu einer (vertraglichen) Gesamtabwicklung des Vermögensausgleichs bei der Scheidung zu gelangen. Das zu diesem Zweck geschaffene Vergleichsinstrument ist der sog. korrespondierende Kapitalwert (§ 47 VersAusglG), der immer zusätzlich angegeben werden muss, wenn der Ausgleichswert nicht ohnehin in einem Kapitalbetrag angegeben wird.

 

Rz. 13

Im zweiten Teil des VersAusglG werden allgemeine Wertermittlungsvorschriften (§§ 39 bis 42 VersAusglG) und Spezialvorschriften für einzelne Versorgungen (§§ 43 bis 46 VersAusglG) unterschieden. Eine Regelung über den korrespondierenden Kapitalwert als Hilfsgröße enthält § 47 VersAusglG. Schon durch die Positionierung dieser Regelungen hinter denjenigen über den Ausgleich hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass die Bewertung der Anrechte im Scheidungsverfahren selbst zu einem sekundären Problem geworden ist, weil die Bewertung nun in erster Linie den Versorgungsträgern obliegt. Das ändert jedoch nichts daran, dass diese Werte vom Gericht und den anderen Beteiligten des Verfahrens auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen sind.

 

Rz. 14

Die neuen Bewertungsgrundsätze entsprechen im Wesentlichen denen, die früher in § 1587a BGB a.F. enthalten waren, sind allerdings anders geordnet als früher. Durch die Neuregelung ist das Erfordernis der Vergleichbarmachung der Anrechte, das im alten Recht aus der Saldierung der Anrechte folgte, entfallen, sodass eine Regelung wie § 1587a Abs. 3 BGB a.F. entbehrlich geworden ist.

 

Rz. 15

Die Bewertungsregeln knüpfen an die Regelungen in den §§ 1 bis 5 VersAusglG an. das bedeutet v.a.: Zu bewerten sind nur solche Anrechte, die auch die Voraussetzungen des § 2 VersAusglG erfüllen und damit in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind. Nicht ausgleichsreife Anrechte brauchen grds. nicht bewertet zu werden. Davon ist allerdings für die ausländischen Anrechte i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG eine Ausnahme zu machen; denn in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass nach § 19 Abs. 3 VersAusglG andere, sonst in den Ausgleich bei der Scheidung einzubeziehende Anrechte aus dem Ausgleich bei der Scheidung ausgeschlossen und in den schuldrechtlichen Ausgleich nach der Scheidung verwiesen werden können. Um zu beurteilen, in welchem Umfang das geschehen muss, ist es erforderlich, zumindest grob den Wert der ausländischen Anrechte abzuschätzen. Insoweit ist deswegen eine Bewertung vorzunehmen.

 

Rz. 16

Zu bewerten sind die Anrechte nur in dem Umfang, in dem sie in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind. Daraus folgt v.a., dass Wartezeiten, Mindestbeschäftigungszeiten, Mindestversicherungszeiten oder ähnliche zeitliche Voraussetzungen für die Bewertung ohne Relevanz sind (vgl. § 2 Abs. 3 VersAusglG).

 

Rz. 17

In die Bewertung einzubeziehen sind alle in der Ehezeit erworbenen Anrechte (vgl. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 VersAusglG, siehe dazu § 4 Rdn 61 ff.).

 

Rz. 18

Maßgeblicher Bewertungszeitpunkt ist das Ende der Ehezeit (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG). Jedoch sind Fortentwicklungen mit Bewertungsrelevanz bis zur Entscheidung zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG, siehe dazu oben Rdn 4).

 

Rz. 19

Die Berechnung des Ehezeitanteils des Anrechts erfolgt zum einen in Form der für das jeweilige Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße, insb. also in Form von Entgeltpunkten, eines Rentenbetrags oder eines Kapitalwerts (§ 5 Abs. 1 VersAusglG). Soweit die relevante Bezugsgröße kein Kapitalwert ist, muss außerdem der korrespondierende Kapitalwert des Anrechts ermittelt werden (§ 47 VersAusglG).

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