Rz. 26
Die internationale Zuständigkeit zur Ausstellung des ENZ folgt der gerichtlichen Zuständigkeit im streitigen Verfahren, Art. 64 EuErbVO. Zuständig sind ausschließlich die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, Art. 4 EuErbVO. Da das Erbstatut gem. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers angeknüpft wird, können diese Behörden die Erbfolge regelmäßig nach ihrem eigenen Recht beurteilen.
Rz. 27
Hatte der Erblasser gem. Art. 22 EuErbVO für die Erbfolge sein Heimatrecht gewählt, so können gem. Art. 7 EuErbVO unter bestimmten weiteren Bedingungen die Gerichte des Heimatstaates das ENZ erteilen, wenn z.B. die Beteiligten eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen, sie sich auf ein im Heimatstaat eingeleitetes Verfahren einlassen oder wenn das Gericht des Aufenthaltsstaates davon überzeugt ist, dass die Gerichte des Heimatstaates in der Sache besser entscheiden können und ein Verfahrensbeteiligter einen Antrag auf Abgabe der Sache stellt.
Rz. 28
Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat, so ergibt sich aus Art. 4 EuErbVO keine Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaates. Gemäß Art. 10 Abs. 1 EuErbVO sind in diesem Fall die Gerichte des Mitgliedstaates, dessen Staatsangehörigkeit er besaß oder – ersatzweise – in dem er in den letzten fünf Jahren vor seinem Tode seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, für den Nachlass in der gesamten EU zuständig. Theoretisch ergibt sich hieraus eine mehrfache Zuständigkeit, sollte der Erblasser in den letzten fünf Jahren in mehr als einem Mitgliedstaat seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben. Da er aber mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Drittstaat verstorben ist, müsste er in den letzten fünf Jahren mindestens zwei Mal den gewöhnlichen Aufenthalt grenzüberschreitend (erst innerhalb der Mitgliedstaaten und dann in einen Drittstaat) verlegt haben. Das erscheint angesichts der strengen Anforderungen der EuErbVO an die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts kaum vorstellbar. Eher wird es in der Praxis zu einer mehrfachen Zuständigkeit gem. Art. 10 Abs. 1 lit. a EuErbVO kommen, weil der Erblasser die Staatsangehörigkeit mehrerer Mitgliedstaaten besaß.
Beispiel:
Ist ein Schwabe mit Firmenbeteiligungen in Deutschland, Italien und Frankreich nach Eintritt in den Ruhestand mit seiner aus den USA stammenden Lebensgefährtin von Heilbronn nach Florida übersiedelt, um dort seinen Ruhestand zu verbringen, so bleiben die deutschen Nachlassgerichte für die Erbfolge nach der US-amerikanischen Lebensgefährtin fünf Jahre lang weiter zuständig. Für ihn bleibt die Zuständigkeit aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit so lange erhalten, wie er die deutsche Staatsangehörigkeit bis zu seinem Tode beibehält.