Rz. 41
Die zuständige Behörde stellt, sobald sie die zu bezeugenden Umstände festgestellt hat und weder Einwände gegen den zu bescheinigenden Inhalt rechtshängig sind noch eine Entscheidung ergangen ist, die mit dem Zeugnis unvereinbar ist, gem. Art. 67 Abs. 1 S. 2 EuErbVO unverzüglich das ENZ aus. Sie hat dafür ein von einem Ausschuss erstelltes einheitliches Formblatt zu verwenden. Anders als beim Antrag auf Ausstellung des ENZ (siehe dazu Rdn 35) ist hier bereits von der EuErbVO die Verwendung des von der Kommission ausgearbeiteten Formulars zwingend vorgeschrieben. Hintergrund für die Verwendung des Formulars ist, dass auf diese Weise in vielen Fällen im ausländischen Verwendungsstaat das Zeugnis durch Vergleich mit dem Formular in der Sprache des Verwendungsstaates interpretiert werden kann, so dass eine Übersetzung des ENZ in die der Sprache des Verwendungsstaates entbehrlich ist.
Rz. 42
Fraglich ist die Rechtsfolge, wenn das Formblatt nicht verwandt worden ist. Nach Ansicht von Wilsch soll ein ENZ dann nicht wirksam erteilt sein. Das dürfte wohl zutreffen. Nachdem das ENZ weitreichende Wirkungen hat, aber andererseits von sehr unterschiedlichen Behörden in unterschiedlichen Sprachen ausgestellt wird und auch keine Kontrolle durch die Anbringung einer Apostille etc. erfolgt, sollte doch zumindest durch die Einhaltung einer strengen Form gewährleistet werden, dass das Zeugnis in jedem anderen Mitgliedstaat als ENZ erkennbar ist. Das gilt unabhängig davon, ob das ENZ vollständig ausgefüllt wurde. So können bei einem ENZ, das ausschließlich die Person und die Befugnisse eines Testamentsvollstreckers ausweisen soll, Angaben zum testamentarischen Erben oder den Vermächtnisnehmern unterbleiben.
Rz. 43
Das ENZ wird dem Antragsteller – anders als ein Erbschein nach BGB – nicht ausgehändigt, sondern verbleibt in den Akten der Nachlassbehörde ("okkultes Zeugnis"). Der Antragsteller – und alle weiteren Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen (siehe Rdn 36) – erhalten auf Antrag je nach Bedarf eine oder mehrere beglaubigte Abschriften des Zeugnisses. Um einen Missbrauch eines inhaltlich unrichtigen ENZ zu erschweren, wird auf den Kopien ein "Ablaufdatum" angegeben, das regelmäßig sechs Monate nach Ausstellung liegt (Gültigkeitsdauer), Art. 70 Abs. 3 EuErbVO.
Rz. 44
In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das ENZ selber unbefristet wirksam ist. Das ENZ ist so lange wirksam, bis es durch Beschluss der ausstellenden Behörde aufgehoben wird. Die Befristung bezieht sich allein auf die Abschriften des ENZ. Ist die Frist, für die die Abschrift ausgestellt wurde, abgelaufen, so muss der Inhaber keinen Antrag auf Ausstellung eines neuen ENZ stellen, sondern lediglich eine neue Abschrift beantragen. Diese wird dann wieder mit zeitlicher Befristung – regelmäßig sechs Monate – ausgestellt. Enthält die Abschrift keine Befristung, so fingiert der EUGH eine Befristung auf sechs Monate.
Rz. 45
Hier stellt sich nun die Frage, wie im Verfahren auf Eintragung des Erben in einem staatlichen Register zu verfahren ist, wenn die Abschrift des ENZ vor Ablauf der Gültigkeitsdauer eingereicht wurde, das Register aber bis zum Ablauf der Frist nicht eingetragen hat. Hier stellt sich dann die Frage, ob das Register die Vorlage einer neuen Abschrift mit einem neuen Ablaufdatum verlangen kann. Der EUGH hat hier entschieden, dass es genügt, wenn die Abschrift zum Zeitpunkt der Einreichung noch gültig war. Allenfalls dann, wenn die Behörde Kenntnisse erlangt, die vernünftige Zweifel am Status dieses Zeugnisses begründen – also es für möglich erscheinen lassen, dass das ENZ, das der Abschrift zugrunde lag, in der Zwischenzeit geändert oder aufgehoben wurde – kann die Behörde, der die beglaubigte Abschrift des ENZ vorgelegt wurde, ausnahmsweise die Vorlage einer neuen Abschrift oder einer Abschrift verlangen, deren Geltungsdauer verlängert wurde.