aa) Begriff der Ausstattung
Rz. 12
Nach § 2050 Abs. 1 BGB ist eine Ausstattung, die der Erblasser einem Abkömmling zu seinen Lebzeiten gewährt hat, kraft Gesetzes ausgleichungspflichtig. § 2050 Abs. 1 BGB verweist insoweit auf die Ausstattung i.S.v. § 1624 BGB. Danach handelt es sich bei einer Ausstattung um eine Zuwendung, die einem Kind mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbstständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Erblasser zugewendet wurde.
Rz. 13
Unerheblich ist, ob die Ausstattung erforderlich war.
bb) Rechtsnatur der Ausstattung
Rz. 14
Die Ausstattung ist eine Zuwendung, die Eltern an ihr Kind im Hinblick auf die in § 1624 BGB bezeichneten Zwecke tätigen. Daher erfährt sie gegenüber anderen Zuwendungen im Eltern-Kind-Verhältnis eine Sonderbehandlung. Eine Ausstattung erfolgt grundsätzlich ohne Gegenleistung. Von der Schenkung unterscheidet sich die Ausstattung durch ihren besonderen Zuwendungszweck, den Kindern eine Starthilfe zur Existenzgründung und -sicherung zu gewähren, und vom Unterhalt im Fehlen einer gesetzlichen Verpflichtung. Die Ausstattung ist Ausdruck gesetzlich anerkannter Familiensolidarität und bildet eine familienrechtliche causa sui generis. Sie beruht im Gegensatz zu einer Schenkung auf einer Einigung der Parteien darüber, dass aufgrund eines objektiven Ausstattungsanlasses mit der "behaltensfesten" Zuwendung einer der genannten Ausstattungszwecke verfolgt wird. Ob eine Ausstattung vorliegt, ist stets durch Auslegung zu ermitteln.
cc) Inhalt der Ausstattung
Rz. 15
Bei einer Ausstattung kann es sich grundsätzlich um eine Sachleistung, um Kapitalleistungen, um Rechte, aber auch um Naturalleistungen handeln. Die Ausstattung erfolgt grundsätzlich durch die Zuwendung eines Vermögensgegenstandes oder die Gewährung eines Vermögensvorteils, sofern diese zur Erreichung eines Ausstattungszweckes erfolgen und zu einer Verminderung des Erblasservermögens führen. Ausstattung kann daher jeder Vermögensvorteil und jede Vermögensmehrung sein, die mit einer der Vorschrift des § 1624 BGB entsprechenden Zweckrichtung erbracht wird. Fehlt eine entsprechende Zweckrichtung, kann die Zuwendung nur unter den Voraussetzungen des § 2050 Abs. 3 BGB ausgleichungspflichtig sein.
dd) Einzelfälle aus der Rechtsprechung
Rz. 16
Die Frage, wann im Einzelfall eine Ausstattung vorliegt, kann nur auf den jeweils konkret vorliegenden Fall beantwortet werden. Die relativ spärliche Rspr., die hierzu ergangen ist, stammt größtenteils aus dem familienrechtlichen Bereich.
Rz. 17
LG Mannheim NJW 1970, 2111 (Überlassung einer Wohnung): Das LG Mannheim hat in einem Fall entschieden, dass die Überlassung einer Wohnung von den Eltern an das Kind anlässlich dessen Eheschließung eine Ausstattung i.S.d. § 1624 BGB darstellt. In der genannten Entscheidung ging es jedoch lediglich um die Frage, ob zwischen dem eingeheirateten Ehegatten und den Eigentümern (Eltern der Ehefrau) eine eigene unmittelbare Rechtsbeziehung hinsichtlich der überlassenen Wohnung entstanden ist.
Rz. 18
LG Kaiserslautern ZEV 2021, 704 (Überlassung von Wohnraum): Nach der Entscheidung des LG Kaiserslautern handelt es sich bei einer unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung von Wohnraum an einen Abkömmling nicht um eine ausgleichungspflichtige Ausstattung gemäß § 2050 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1624 Abs. 1 BGB. Soweit ein Erblasser durch die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung ggf. auf die alternative Einnahme von Mietzahlungen verzichtet und es damit unterlässt, die Chance auf Vermögensmehrung zu ergreifen, stellt dies keine unmittelbare Vermögensverschiebung dar, die eine Verminderung des aktuellen Vermögens des Erblassers bewirkt.
Rz. 19
OLG Köln FamRZ 1986, 703 (Zuwendung einer Wohnungseinrichtung): In dem genannten Fall haben die Eltern und die Großeltern ihrem Abkömmling anlässlich der Heirat eine Wohnungseinrichtung zugewandt. Auch hier ging es um die Teilung des "Hausrats" im Rahmen einer Ehescheidung, nämlich um die Frage, ob die Wohnungseinrichtung eine Ausstattung oder ein Hochzeitsgeschenk gewesen ist. Im Einzelnen hat das Gericht seine Auffassung wie folgt begründet:
Zitat
"Bei der Zuwendung einer Wohnungseinrichtung anlässlich der Heirat handelt es sich nicht im engeren Sinne um ein Hochzeitsgeschenk, sondern um eine Ausstattung (…), denn die Grundausstattung eines neuen Haushalts dient der Begründung einer selbstständigen Wirtschaftsmöglichkeit, wie es § 1624 BGB voraussetzt. Wie die Anrechnungsregel des § 2050 BGB im Erbfall belegt, geht der Gesetzgeber davon aus, dass eine derartige Ausstattung in das Alleineigentum des Kindes des Zuwendenden fällt, wenn nicht im Einzelfall die Zuwendung auch an den Schwiegersohn als Miteigentümer besonders verfügt wird (in diesem Sinne bereits KG FamRZ 1963, 451 und RGZ 67, 206). ...