Dipl.-Kfm. Michael Scherer
I. Die Entstehung der Widerspruchsgebühr
Rz. 17
Für die Vertretung des Antragsgegners bei der Erhebung des Widerspruchs erhält der RA des Schuldners eine Verfahrensgebühr, die 0,5 "Widerspruchsgebühr" (Nr. 3307 VV RVG). Die Gebühr entgilt auch die Entgegennahme der Information, die Beratung des Gegners und die Prüfung der Erfolgsaussicht des Widerspruchs. Auch wenn er den Widerspruch unnötigerweise begründet, erhält der RA nur diese Widerspruchsgebühr und keine zusätzliche Verfahrensgebühr für einen Prozessauftrag. Bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags tritt keine Verminderung der Widerspruchsgebühr ein.
Rz. 18
Der Gegenstandswert der Widerspruchsgebühr richtet sich nach dem Betrag, dessentwegen Widerspruch eingelegt wird, also normalerweise nach dem Gesamtstreitwert des Mahnbescheids. Will jedoch der Schuldner nur einen Teil der Forderung bestreiten, oder hat er bereits einen Teilbetrag an den Gläubiger bezahlt, dann verbleibt nur der Restbetrag als Streitwert.
Beispiel:
Zu dem im ersten Beispiel in Rdn 3 ff. erlassenen Mahnbescheid wegen einer Kaufpreisforderung von 900,00 EUR legt RA Rührig für den Schuldner fristgerecht Widerspruch ein. Dafür berechnet er die nachstehende Vergütung.
Gegenstandswert: 900,00 EUR
0,5 |
Widerspruchsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3307 VV RVG |
44,00 EUR |
20 % |
Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG |
8,80 EUR |
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52,80 EUR |
19 % |
USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG |
10,03 EUR |
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62,83 EUR |
Rz. 19
Sollte sich der Auftrag zur Einreichung des Widerspruchs vorzeitig erledigen, so gibt es keine Herabsetzung der Widerspruchsgebühr da eine entsprechende Vorschrift (wie in Nr. 3306 VV RVG) für den Widerspruch fehlt.
Rz. 20
Da die Widerspruchsgebühr mit einem Satz von 0,5 relativ niedrig ist, gibt es Überlegungen, wie dem RA des Schuldners eine volle Gebühr zukommen könne. Die Lösung dieser Frage ist umstritten. In vielen Fällen wird der Gläubiger bereits bei der Stellung des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids die Durchführung des streitigen Verfahrens gemäß § 696 Abs. 1 ZPO durch Setzen des entsprechenden Häkchens beantragen. Es ist also überflüssig, dass der Schuldner mit seinem Widerspruch ebenfalls einen solchen Streitantrag stellt. Nur wenn also der Gläubiger den Streitantrag noch nicht gestellt hat, kann ihn der Schuldner mit dem Widerspruch stellen. Der RA des Schuldners würde für diese Tätigkeit keine Widerspruchsgebühr, sondern für die Beantragung des Streitverfahrens eine 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG erhalten. Der Schuldner wird jedoch in der Praxis einen solchen Auftrag nur selten erteilen, sodass sein RA sich im Regelfall mit der 0,5 Widerspruchsgebühr begnügen muss.
Rz. 21
Der RA des Antragstellers erhält die Widerspruchsgebühr selbstverständlich nicht, auch nicht dafür, dass er seinen Auftraggeber von der Einlegung des Widerspruchs informiert.
Rz. 22
Bei mehreren Auftraggebern ist die Widerspruchsgebühr gemäß § 7 RVG, Nr. 1008 VV RVG (siehe § 2 Rdn 32 ff.) für jeden weiteren Auftraggeber um 0,3 zu erhöhen, da es sich um eine Verfahrensgebühr handelt.
Merke:
Nur der RA des Schuldners erhält für die Einlegung des Widerspruchs eine 0,5 Widerspruchsgebühr.
Die Gebühr wird nach dem Betrag berechnet, dessentwegen Widerspruch eingelegt wird.
II. Anrechnung der Widerspruchsgebühr bei weiterer Tätigkeit
Rz. 23
Die Widerspruchsgebühr wird auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Rechtsstreits angerechnet (Anmerkung zu Nr. 3307 VV RVG), wenn der RA den Schuldner auch im Prozess vertritt. Bei Anwaltswechsel erfolgt keine Anrechnung, da ein anderer RA selbstständige Gebühren erhält.
Beispiel:
Nachdem RA Rührig im Beispiel aus Rdn 17 ff. Widerspruch eingelegt hat, wird aufgrund des Antrages des Gläubigers das Streitverfahren vor dem Amtsgericht eröffnet. RA Rührig erhält Prozessauftrag und erwidert schriftlich auf die Anspruchsbegründung des Gläubigers. Danach gewinnt der Schuldner im Lotto und zahlt seine Schulden. RA Rührig sendet ihm folgende Vergütungsberechnung.
I. Einlegung des Widerspruchs
Gegenstandswert: 900,00 EUR
0,5 |
Widerspruchsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3307 VV RVG |
44,00 EUR |
20 % |
Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG |
8,80 EUR |
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52,80 EUR |
19 % |
USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG |
10,03 EUR |
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62,83 EUR |
II. Vertretung im Zivilprozess
Gegenstandswert: 900,00 EUR
1,3 |
Verfahrensgebühr im Prozess gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG |
114,40 EUR |
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hierauf ist nach der Anmerkung zu Nr. 3307 VV RVG anzurechnen: |
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0,5 |
Widerspruchsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3307 VV RVG |
– 44,00 EUR |
70,40 EUR |
20 % |
Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte* gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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90,40 EUR |
19 % |
USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG |
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17,18 EUR |
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107,58 EUR |
* |
Die Auslagenpauschale entsteht in jeder Angelegenheit. Mahnverfahren und Prozess sind zwei Angelegenheiten. Die Auslagenpauschale für den Prozess wird von der Verfahrensgebühr vor Anrechnung berechnet (also 20 % von 114,40 EUR, höchstens aber 20,00 EUR). |
III. Anrechnung der Widerspruchsgebühr in besonderen Fällen
Rz. ...