aa) Adressat der Gewalt
Rz. 61
Bedingungsgemäßer Raub liegt vor, wenn gegen den Versicherungsnehmer oder einen seiner Arbeitnehmer Gewalt angewendet wird, um dessen Widerstand gegen die Wegnahme versicherter Sachen auszuschalten. Gemäß § 1 Nr. 3 S. 2 AERB 87 (A §§ 1 Nr. 4 b AERB 2008, 2010) stehen einem Arbeitnehmer volljährige Familienangehörige des Versicherungsnehmers gleich, denen dieser die Obhut über die versicherten Sachen vorübergehend überlassen hat. Das Gleiche gilt für Personen, die durch den Versicherungsnehmer mit der Bewachung der als Versicherungsort vereinbarten Räume beauftragt worden sind.
bb) Gewalt
Rz. 62
Gewalt im Sinne der Versicherungsbedingungen ist Anwendung körperlicher oder mechanischer Energie gegen geleisteten oder erwarteten Widerstand gegen eine Wegnahme gegenüber dem vorgenannten Personenkreis. Da die Zielrichtung der Gewalt der Widerstand von Personen sein muss, reicht Gewalt gegen Sachen nicht aus. Allerdings fällt es unter den Begriff des Raubes, wenn der Täter das Opfer in einen Raum einschließt, wenn das Opfer bemerkt, eingeschlossen worden zu sein und sich dadurch der Wegnahme nicht erwehren zu können.
Rz. 63
Werden Gewalt und Wegnahme von Sachen durch unterschiedliche Personen verwirklicht, liegt ein unter Versicherungsschutz fallender Raub nur bei bewusstem und gewolltem Zusammenwirken der Personen vor. Weiß nur einer der Täter nicht vom Handeln der oder des anderen, liegen nur einfacher Diebstahl und gegebenenfalls Nötigung sowie Körperverletzung vor, die jedoch nicht unter Versicherungsschutz fallen.
cc) Abgrenzung zum Trickdiebstahl
Rz. 64
Die Abgrenzung zwischen versichertem Raub und nicht unter Versicherungsschutz fallenden Trickdiebstahl bereitet in der Praxis Schwierigkeiten. Gemeint sind die Fälle, in denen das Opfer vom Täter überrascht oder in einen Irrtum versetzt wird und die Überraschung oder der Irrtum zur Wegnahme der Sache führt. So wurde ein unter Versicherungsschutz fallender Raub angenommen, als dem Opfer die unter dem Oberarm getragene Geldbombe in einem unbeobachteten Moment weggerissen wurde. Entscheidend war hierfür, dass auch das Wegreißen der Geldbombe eine gewisse, wenn auch nur geringfügige Überwindung eines Widerstandes erforderte. Aus diesem Grunde ist für die Anwendung von Gewalt stets eine nicht ganz unerhebliche Kraftanstrengung des Täters gefordert.
Demgemäß wird ein Raub verneint, wenn dem Opfer die von ihm nicht festgehaltene Sache in einem unbeobachteten Moment weggenommen wird, ohne dabei körperlichen Widerstand zu überwinden.
Rz. 65
Insgesamt fehlt es an der für die Annahme eines versicherten Raubes erforderlichen Gewalt, wenn das Tatbild der Wegnahme mehr durch die angewandte List, Geschicklichkeit, Schnelligkeit oder das Ausnutzen eines Überraschungsmoments beim Opfer bestimmt wird. Die Abgrenzung zwischen versichertem Raub und nicht versichertem Trickdiebstahl nehmen einige Gerichte danach vor, indem sie den Versicherungsnehmer an der ersten- unmittelbar nach dem Vorfall abgegebenen Sachverhaltsschilderung festhalten, da diese den Sachverhalt frei von rechtlichen Erwägungen am ehesten so wiedergibt.