Rz. 254
Zweifelhaft ist, ob ein Franchise-Geber im Fall einer unberechtigten Kündigung des Franchise-Nehmers und einer damit verbundenen Schließung des Franchise-Outlets die Betreiberpflicht des Franchise-Nehmers im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzen kann. Zwar hat das LG Mainz mit Urt. v. 27.7.2000 eine solche einstweilige Verfügung zum Betreiben von Filialen aufgrund mit der Deutschen Post AG geschlossenen Partnerverträgen bestätigt und damit die Zulässigkeit einer Regelungsverfügung als Leistungsverfügung gem. § 940 ZPO angenommen. Dies ist aber lediglich aus der Besonderheit des Postgesetzes zu erklären. Würde nämlich die Filiale geschlossen, läge eine Nichterfüllung des Partnervertrages vor und der Deutschen Post AG würde eine nicht unerhebliche Geldbuße bis zu 500.000,00 EUR gem. § 49 Abs. 1 PostG drohen. Derartige öffentlich-rechtliche Verpflichtungen sind i.d.R. bei Franchise-Systemen nicht gegeben. Franchise-Nehmer üben i.d.R. keine hoheitlichen Funktionen aus. Eine Leistungsverfügung auf Betreiben eines Franchise-Outlets nach unwirksamer fristloser Kündigung des Franchise-Vertrages durch den Franchise-Nehmer scheitert daher in der Regel an den engen Voraussetzungen einer Leistungsverfügung.
Rz. 255
Soweit dem Franchise-Nehmer Konkurrenzschutz gewährt wird, kann eine solche Konkurrenzschutzklausel nicht durch eine einstweilige Verfügung durchgesetzt werden, weil dadurch vollendete Tatsachen geschaffen werden.
Allerdings kann die Betreiberpflicht eines Franchise-Nehmers nicht mit einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden, wie der Beschluss des LG Bochum vom 5.7.2017 zeigt. Dies ergibt sich schon aus dem Leitsatz:
Zitat
"… An der erforderlichen besonderen Dringlichkeit für die Durchsetzung einer Betreiberpflicht im Wege der einstweiligen Verfügung (Leistungsverfügung) fehlt es, wenn für den Franchisegeber andere probate Mittel zur Verfügung stehen und der dem Franchise-Geber drohende Imageverlust außer Verhältnis zu etwaigen Nachteilen stehen, die dem Franchise-Nehmer bei Durchsetzung der Betreiberpflicht durch eine einstweilige Verfügung entstehen können. …"
Rz. 256
Das Problem einer solchen einstweiligen Verfügung liegt darin, dass diese nicht nur der Sicherung eines Anspruches dient, sondern mit dieser zugleich die Erfüllung des Anspruchs begehrt wird. Derartige Leistungsverfügungen sind zwar anerkannt, doch sind an deren Erlass strenge Anforderungen zu stellen, da diese dem Gegner aufgrund summarischen Verfahren die Erbringung von Handlungen oder Vermögensopfern auferlegen, die in der Regel später – jedenfalls nicht mehr vollständig – rückgängig gemacht werden können.
Das LG Bochum mein, den Erlass einer einstweiligen Verfügung deswegen ablehnen zu müssen, weil vertragliche Ansprüche zur Durchsetzung der Betreiberpflicht gegeben seien. So sieht das LG Bochum die im Rahmen eines Franchise-Vertrages vereinbarte Vertragsstrafe für den Fall einer Verletzung der Betreiberpflicht als ein wirtschaftlich probates Mittel zur Durchsetzung der Betreiberpflicht an, sodass der Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht in Betracht komme. Dies gelte selbst dann, wenn der abgeschlossene Mietvertrag den Franchise-Geber zum Öffnen des Ladenlokals unter Androhung einer Vertragsstrafe verpflichte. Hier sah das LG Bochum die vom Franchise-Geber möglicherweise zu leistende Vertragsstrafe deswegen nicht als existenzbedrohend an, weil diese auf die Höhe der monatlichen Gesamtmiete begrenzt und damit wirtschaftlich überschaubar war.
Rz. 257
Als Fazit ist also festzuhalten, dass eine einstweilige Verfügung zur Durchsetzung der Betreiberpflicht eines Franchise-Nehmers möglich ist, jedoch nur in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn dem Franchise-Geber durch Missachtung der Betreiberpflicht nicht wiedergutzumachende Nachteile drohen oder aber der Franchise-Vertrag keine Regelung enthält, mit denen die Betreiberpflicht durchgesetzt werden kann, wie etwa die Vereinbarung einer Vertragsstrafe. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung der einem Franchise-Nehmer obliegenden Betreiberpflicht bleibt daher eine Ausnahme.