a) Grundsätze
Rz. 55
Die vorvertragliche Aufklärung wurde zunächst durch die Rspr. des OLG München bestimmt, beginnend mit dem Urt. v. 13.11.1987, nachfolgend mit dem Urt. v. 16.9.1993, mit der Entscheidung vom 24.4.2001, der vom 1.8.2002 und jetzt zuletzt wieder mit der Entscheidung vom 27.7.2006. Seiner Entscheidung v. 16.9.1993 hat das OLG zwei Leitsätze vorangestellt, die nach wie vor die besondere Bedeutung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten des Franchise-Gebers unterstreichen, und zwar:
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Der Franchise-Geber muss den Franchise-Nehmer richtig und vollständig über die Rentabilität des Systems unterrichten. |
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Der Franchise-Geber, der wegen der vorvertraglichen Aufklärungspflicht schadensersatzpflichtig ist, kann dem Franchise-Nehmer nicht als Mitverschulden entgegenhalten, dass er leichtfertig den Anpreisungen des Franchise-Gebers vertraut hat. |
Dieses Urteil stellt genauso wie die beiden anderen Entscheidungen eine wichtige Fortentwicklung in der Rspr. zum Umfang der Schadensersatzpflicht des Franchise-Gebers nach den Grundsätzen der cic dar. Diese Rspr. kann aber nicht als Tendenzwende angesehen und so verstanden werden, dass nunmehr der Franchise-Geber Rentabilitätsgarantien zu geben hat. Dies ist auch noch einmal vom OLG München mit Urt. v. 24.4.2001 ausdrücklich betont worden.
Hinweis
Der Franchise-Geber darf nur eines nicht: sein System in der Werbung und bei Verhandlungen mit den Franchise-Nehmern erfolgreicher darstellen, als es tatsächlich ist.
Rz. 56
Das Urt. des OLG München v. 16.9.1993 darf auch nicht als Vorreiter einer Disclosure-Rspr. zu Franchise-Verträgen angesehen werden, wie sie beim Abschluss von Franchise-Verträgen im anglo-amerikanischen Bereich, aber auch jetzt durch die gesetzlichen Regelungen in Frankreich, Spanien und Italien gesetzlich verpflichtend sind.
Rz. 57
Aufgrund der Entscheidung des OLG Schleswig vom 22.1.2008 war davon ausgegangen worden, dass der Franchise-Nehmer zukünftig eine Rentabilitätsanalyse und eine Standortanalyse in eigener Verantwortung zu erstellen hat. Das OLG Schleswig führt nämlich aus, dass der Franchise-Geber nicht Existenzgründungsberater des Franchise-Nehmers ist. Daran knüpft auch die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 25.10.2013 an.
Dies gilt erst recht in den Fällen, in denen der Franchise-Nehmer bereits bei Abschluss des Franchise-Vertrages Unternehmer i.S.v. § 14 BGB ist und der Abschluss des Franchise-Vertrages als ein unternehmensbezogenes Geschäft anzusehen ist. Bei geschäftlich erfahrenen Franchise-Nehmern sind geringere Voraussetzungen an die vorvertragliche Aufklärung zu stellen als bei solchen Franchise-Nehmern, die allgemein als "Existenzgründer" bezeichnet werden, auch wenn diese nach der Entscheidung des BGH vom 24.2.2005 mit Abschluss des Franchise-Vertrages ihre Unternehmereigenschaft begründen. Insofern bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Umfang der vorvertraglichen Aufklärung auch von dem Umfang der geschäftlichen Erfahrenheit eines Franchise-Nehmers abhängt.
Rz. 58
Allerdings passt sich die Entscheidung des OLG Düsseldorf in die seinerzeitige Tendenz ein, die vorvertragliche Aufklärung beim Abschluss von Franchise-Verträgen wieder zu verschärfen; also den Franchise-Nehmer-Schutz in den Vordergrund zu stellen. War nach der Entscheidung des OLG Schleswig noch davon ausgegangen worden, dass die Obliegenheit des Franchise-Nehmers, sich selbst über die Risiken, die mit dem Abschluss eines Franchise-Vertrages verbunden sind, zu erkundigen, zu einer die eigene Verantwortung des Franchise-Nehmers betonenden Rspr. führt, zeigt nunmehr die Entscheidung des OLG Düsseldorf in die entgegengesetzte Richtung; – und dies, obwohl das OLG Düsseldorf noch in einem Urt. v. 30.6.2014 ausdrücklich festgestellt hat, dass die Auskunfts- und Beratungspflichten des Franchise-Gebers in der Regel darauf beschränkt sind, den Franchise-Nehmer über das Franchise-Konzept zu unterrichten und ihm das Datenmaterial zur Verfügung zu stellen, mit dessen Hilfe dieser sich einen Überblick über seinen Kapital- und Arbeitseinsatz sowie die Rentabilität des beabsichtigten Franchise-Outlets verschaffen kann.
Dementsprechend reiht sich nunmehr die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 25.10.2013 in die Rspr. ein, die die vorvertragliche Aufklärung wieder verschärft. Damit knüpft die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 25.10.2013 an die Entscheidung des OLG Hamm vom 22.12.2011 an. Dies gilt insbesondere, wenn man den zweiten Leitsatz der Entscheidung des OLG Düsseldorf mit dem dritten Leitsatz der Entscheidung des OLG Hamm vergleicht. Danach ist ein Franchise-Geber jetzt wieder verpflichtet, den Franchise-Nehmer umfassend über die Rentabilität des Franchise-Systems zu unterrichten, wobei das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung davon ausgeht, dass diese Information zur Rentabilität auf der Grundlage einer zutreffenden Tatsachenbasis zu erfolgen hat. Soweit das OLG Hamm dazu für eine Rentabilitätsvorausschau festgest...