Rz. 69
Geht man vom Ehrenkodex des Deutschen Franchise-Verbandes und der Richtlinie zur vertraglichen Aufklärung aus, ist jeder Franchise-Geber verpflichtet, den Franchise-Nehmer über seine Verdienstmöglichkeiten "sachlich richtig und unmissverständlich" zu unterrichten. Diese Regelungen des Ehrenkodex hat der Deutsche Franchise-Verband durch die Richtlinien zur vorvertraglichen Aufklärung präzisiert.
Rz. 70
Dem Franchise-Nehmer müssen daher u.a. folgende Informationen vor Vertragsabschluss vermittelt werden:
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Informationen über das Franchise-Konzept und die finanzielle Lage des Franchise-Gebers, |
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Informationen über die mit Entscheidungsbefugnis ausgestatteten Personen der Systemzentrale, |
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Franchise-Angebote inklusive aller Einzelheiten über das Pilotprojekt, |
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Rentabilitätsvorausschau und Standortanalyse (sofern vorhanden), |
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Franchise-Vertrag zuzüglich aller üblichen standardisierten Anlagen, |
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Bankreferenzen, |
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detaillierte Angaben über Mitgliedschaften in Handels- und/oder nationalen Franchise-Verbänden, |
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detaillierte Angaben über andere Vertriebswege der Franchise-Produkte oder Dienstleistungen. |
Hinweis
Diese Unterlagen sollen dem Franchise-Nehmer in einem angemessenen Zeitraum, mindestens aber 10 Tage vor Vertragsunterzeichnung, zur Überprüfung überlassen werden.
Rz. 71
Soweit es um die Rentabilitätsvorausschau geht, war bislang davon ausgegangen worden, dass dies eine eigene Aufgabe des Franchise-Nehmers ist und insofern der Franchise-Geber nicht in der Verantwortung steht, eine solche Rentabilitätsvorausschau und Standortanalyse vorzulegen. Aufgrund der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 25.10.2013 muss jedoch davon ausgegangen werden, dass diese Verpflichtung möglicherweise auch zukünftig wieder den Franchise-Geber trifft. Dabei ist diese Verpflichtung nach Ansicht des OLG Düsseldorf weitreichend, da eine solche Rentabilitätsanalyse nicht auf Schätzungen beruhen darf, sondern auf tatsächliche Feststellungen des Franchise-Gebers, insbesondere solche am Ort des Franchise-Outlets des potentiellen Franchise-Nehmers zurückgehen muss. Insofern stellt die Rspr. jetzt wieder den Franchise-Nehmer-Schutz in den Vordergrund, obwohl man an sich davon ausgegangen war, dass zukünftig von einer Rspr. zur vorvertraglichen Aufklärung auszugehen ist, die betont, dass auch ein Franchise-Nehmer mit Abschluss des Franchise-Vertrages wie jeder andere Unternehmer wirtschaftliche Risiken übernimmt.
Rz. 72
Berücksichtigt man zum einen den Ehrenkodex und die Richtlinien sowie zum anderen die ergangenen Entscheidungen, müssen dem Franchise-Nehmer, um der vorvertraglichen Aufklärungspflicht zu genügen, zwingend folgende Informationen erteilt werden:
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Informationen über die Erfolgsaussichten der Marketingkonzeption, |
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wahrheitsgemäße Zahlenangaben über vergleichbare Franchise-Outlets des Systems, |
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Angaben über den erforderlichen Arbeits- und Kapitaleinsatz des Franchise-Nehmers, |
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Vermittlung der bisherigen Erfahrung der Systembetriebe oder der als Pilot- und Testbetriebe dienenden Franchise-Geber-Filialen, |
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Darstellung des über die Eintrittsgebühr hinausgehenden Kapitals unter Berücksichtigung aller Aufwendungen und unter Einbeziehung des Zeitraums der Anfangsverluste in der Anlaufphase (Durststrecke). |
Rz. 73
Dabei sind die Anforderungen an die Aufklärungspflicht unterschiedlich. Dies zeichnet gerade die Anwendung des Grundsatzes der cic ggü. starren Disclosure-Rules aus. Ist der Franchise-Nehmer bereits erfahren, kann dieser die mit einem Abschluss des Franchise-Vertrages verbundenen Risiken selbst beurteilen. Handelt es sich jedoch bei dem potenziellen Franchise-Nehmer um einen unerfahrenen Gewerbetreibenden, ist die Systemzentrale mit weitgehenden Aufklärungs-, Beratungs- und Hinweispflichten bei den Vertragsverhandlungen "belastet", um so die Behauptung zur Verkehrsgeltung und Gewinnträchtigkeit des Franchise-Systems zu stützen.