I. Einordnung des Franchise-Vertrages in das Vertriebsrecht
Rz. 27
Absatzmittlungs- oder Vertriebsverträge sind dem Vertriebsrecht im engeren Sinne zuzurechnen. Dabei erfolgt die Differenzierung nach einzelnen Vertragstypen auf der Grundlage einer Unterscheidung der Intensität der Verhaltensabstimmung bei der vertriebsvertraglichen Kooperation, d.h. nach dem Grad der vertikalen Integration.
Rz. 28
Auf dieser Grundlage lassen sich
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Belieferungs-, |
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Fachhändler-, |
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Vertragshändler-, |
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Kommissions-Agenten-, |
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Handelsvertreter- und |
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Franchise-Verträge |
als Abstufungsgrade der Vertikal-Integration unterscheiden, wobei der Franchise-Vertrag den Vertragstypus mit der verdichtetsten Form einer Vertikal-Integration darstellt.
Hinweis
Dabei kann bei der Unterscheidung von Belieferungs-, Fachhändler-, Vertragshändler-, Kommissions-Agenten-, Handelsvertreter- und Franchise-Verträgen keine scharfe Abgrenzung voneinander vorgenommen werden; vielmehr weisen die einzelnen Vertragstypen vielfach Überschneidungen auf. So werden insb. Franchise-Verträge mit Kommissions-Agentur-Verträgen "gekoppelt", wenn es darum geht, die Preisbindung innerhalb des Franchise-Systems durch die Lieferung von Kommissionsware und deren Absatz durch den Franchise-Nehmer sicherzustellen.
Rz. 29
Insofern unterscheiden sich die einzelnen Vertragstypen von Absatzmittlungsverhältnissen v.a. durch den Umfang der Verhaltensabstimmung in Zusammenarbeit zwischen System-Zentrale und Vertriebsmittler einerseits und den Vertriebsmittlern untereinander andererseits, durch die Rigidität und Stringenz der auferlegten Verhaltensbildungen (Richtlinien) sowie durch die Stärke der Absatzmittlungszentrale.
II. Abgrenzung Franchise-Vertrag zu anderen Vertriebsverträgen
1. Lizenz-/Know-how-Überlassungsvertrag
Rz. 30
Von einem Lizenzvertrag spricht man, wenn der Inhaber eines Patents oder einer Marke (Lizenzgeber) dem Lizenznehmer die Erlaubnis erteilt, diese Schutzrechte in bestimmter Weise, in bestimmtem Umfang und einem bestimmten räumlichen Gebiet zu nutzen. Dabei ist der Begriff der Lizenz weder im Zivilrecht, noch im PatG oder MarkenG näher geregelt.
Rz. 31
Handelt es sich um Rechte und Gegenstände, für die keine gewerblichen Schutzrechte erworben werden können, werden diese i.d.R. Dritten durch einen sog. Know-how-Überlassungsvertrag zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Dabei spricht man von einer Know-how-Vereinbarung, wenn technische, kaufmännische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Erfahrungen angegeben werden, deren Benutzung dem Know-how-Nehmer die Produktion und den Vertrieb von Gegenständen, aber auch sonstige betriebliche Tätigkeiten, wie Organisation und Verwaltung, gestattet bzw. ermöglicht.
Rz. 32
Ein Lizenzvertrag unterscheidet sich vom Know-how-Überlassungsvertrag dadurch, dass der Lizenzgeber beim Lizenzvertrag i.d.R. nur eine passive Rolle hat, die sich darin äußert, dass er Lizenzrechte zur Verfügung stellt und deren Nutzung durch den Lizenznehmer duldet. Damit beinhaltet der reine Lizenzvertrag keinen Vertrieb der so hergestellten Produkte. Demgegenüber spielt beim Know-how-Überlassungsvertrag nicht nur die Überlassung des Know-how die entscheidende Rolle, sondern die durch die Know-how-Überlassung verschaffte Möglichkeit, Produkte herzustellen und zu vertreiben.
Hinweis
Werden Know-how-Überlassungsvertrag und Lizenzvertrag miteinander gekoppelt, kommt ein solcher Vertrag einem Franchise-Vertrag nahe. Beide Vertragstypen unterscheiden sich dann nur noch dadurch, dass Franchise-Verträge i.d.R. Weisungs- und Kontrollrechte enthalten, die einem Lizenz- und Know-how-Überlassungsvertrag i.d.R. fremd sind. Auch unterscheiden sich ein Lizenz- und Know-how-Überlassungsvertrag von einem Franchise-Vertrag dadurch, dass i.d.R. keine straffe Systemorganisation, wie sie für Franchise-Systeme zwingend ist, gegeben ist.
2. Handelsvertretervertrag
Rz. 33
Franchise-Nehmer sind nicht als Handelsvertreter einzuordnen. Diese sollen nämlich nicht – wie es § 84 Abs. 1 HGB für den Handelsvertreter verlangt – für den Franchise-Geber als Unternehmer Verträge vermitteln oder in dessen Namen abschließen. Vielmehr beziehen die Franchise-Nehmer die Produkte auf eigene Rechnu...