I. Rechtsfragen vor Abschluss eines Franchise-Vertrages
1. Information des Franchise-Gebers zum Franchise-System
Rz. 51
Informationen zum Franchise-System kann der Franchise-Geber durch
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Werbebroschüren, |
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Darstellung von Vergleichszahlen anderer Franchise-Betriebe, |
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eine Liste der aus dem Franchise-System ausgeschiedenen bzw. tätigen Franchise-Nehmer, |
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Erläuterung der Historie des Franchise-Gebers und |
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der wirtschaftlichen Entwicklung des Systems, ggf. unter Darstellung der Rechtsstreitigkeiten, die mit Franchise-Nehmern geführt worden sind, |
vermitteln.
Rz. 52
Die Erfahrung zeigt, dass hier die Angaben stark differieren: Am Markt bekannte Franchise-Systeme sind i.d.R. eher zurückhaltend und meinen, dass die am Markt anerkannte Position ausreichend ist. Neue Franchise-Systeme vermitteln demgegenüber ein Mehr an Informationen – nur so lässt sich das Franchise-System ggü. einem Etablierten darstellen, können die Vorteile und das Know-how erläutert werden. Auch Franchise-Nehmer verlangen von neuen Franchise-Systemen ein Mehr an Informationen; bei bekannten Systemen wird i.d.R. deren Bekanntheitsgrad als alleiniger Gradmesser für den Abschluss des Franchise-Vertrages genommen.
Hinweis
Dies ist Ausdruck der in der Rspr. erkannten Notwendigkeit, insb. den Existenzgründungs-Franchise-Nehmer vor falschen Informationen über das Franchise-System und vor Gefahren unvollständiger, unrichtiger Angaben oder irreführender Auskünfte des Franchise-Gebers zu schützen. Insofern geht es nicht nur um die Standortanalyse, sondern auch um die Informationen, die einem Franchise-Nehmer zur Rentabilität des Franchise-Systems im Allgemeinen und zu der seines Franchise-Outlets im Besonderen vermittelt werden.
Rz. 53
Es kann aber nicht von der Realisierung des unternehmerischen Risikos des Franchise-Nehmers gesprochen werden, wenn dieser sein Franchise-Outlet mangels Rentabilität wieder schließen muss, weil ihm unzutreffende Daten im Rahmen der Vertragsverhandlungen vermittelt worden sind. So hat das OLG Köln bereits in seinem Beschl. v. 16.5.1994 festgestellt, dass der Franchise-Geber nicht nur über den erforderlichen Kapitalbedarf aufklären muss, sondern zugleich auch den Franchise-Nehmer in die Lage zu versetzen hat, dass dieser sich anhand entscheidungserheblicher Zahlen und Informationen konkret über die Rentabilität seines Franchise-Betriebes, die zu erwartenden Anfangsverluste, aber auch die Gewinnchancen unterrichten kann. Die dem Franchise-Nehmer für eine Ertragsvorschau zur Verfügung zu stellenden Zahlen dürfen nicht geschönt sein, wie das OLG Düsseldorf in seinem Urt. v. 28.2.2007 festgestellt hat, sodass auch veraltetes Zahlenmaterial zu einer Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten des Franchise-Gebers führen kann.
Zum unternehmerischen Risiko, das vom Franchise-Nehmer mit dem Abschluss des Franchise-Vertrages übernommen wird, ist aber auch die zwischenzeitlich von der Rspr. betonte Verpflichtung des Franchise-Nehmers zur Eigenaufklärung zu rechnen, insbesondere dann, wenn ihm durch den Franchise-Geber die Möglichkeit eröffnet wird, sich bei bestehenden Franchise-Betrieben über deren Umsätze zu informieren. Hier weist die Entscheidung des LG Krefeld vom 26.10.2006 in dieselbe Richtung wie auch das Urt. d. OLG Celle vom 29.1.2008. Dies hat nämlich festgestellt, dass bei Klärungsbedarf der Franchise-Nehmer auch von seiner Möglichkeit Gebrauch machen muss, nachzufragen – ggf. bei Franchise-Nehmern des Franchise-Systems –, bevor der Franchise-Vertrag abgeschlossen wird.
Rz. 54
Unbeschadet der Eigenaufklärung des Franchisenehmers werden an die Erfüllung der Aufklärungs- und Offenbarungspflichten bei der Akquisition von Franchise-Nehmern in der Rspr. hohe Anforderungen gestellt. Dies betrifft insbesondere Darstellungen zur Rentabilität, wie die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 25.10.2013 zeigt.
Allerdings betont die neuere Rspr. wieder verstärkt, dass auch ein Franchise-Nehmer ein wirtschaftliches Risiko trägt. Dies zeigen die Entscheidungen des OLG Frankfurt vom 8.12.2021 genauso wie die des OLG München vom 23.6.2021. Allerdings betont das OLG Frankfurt – zu Recht – auch, dass sich für eine vorvertragliche Aufklärung eines Franchise-Nehmers keine allgemein gültigen Vorgaben aufstellen lassen. Dies hängt immer von den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ab.