Rz. 89
Der Franchise-Vertrag ist als ein Vertrag sui generis i.S.v. § 311 BGB anzusehen, der Elemente des Lizenzvertrages sowie der gesetzlich geregelten Vertragstypen Handelsvertreter-, Kauf-, Miet-, Pacht-, Darlehens- und Gesellschaftsvertrag enthält. Diesen teilweise gesetzlich geregelten und teilweise von der Rspr. anerkannten Vertragstypen sind die gegenseitigen Rechte und Pflichten sowie sonstigen Rechtsfolgen des Franchise-Vertrages zu entnehmen, soweit der Franchise-Vertrag im Einzelfall keine konkrete Ausgestaltung des Parteiwillens enthält oder aber die Rechtsfolgen vom Gesetz zwingend festgelegt sind. Ob aber lizenzrechtliche Elemente oder solche des Handelsvertretervertrages überwiegen, ist immer eine Frage der Beurteilung des jeweiligen Franchise-Vertrages.
Rz. 90
Zugleich ist der Franchise-Vertrag auch als ein Dauerschuldverhältnis zu kennzeichnen, da die vertragliche Zusammenarbeit i.d.R. für 5, wenn nicht sogar für 10 Jahre als fest vereinbarte Vertragsdauer erfolgt. Demgemäß sind die Verknüpfungen zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer auch viel enger und intensiver als bei einem einmaligen Leistungsausschuss, wie z.B. beim Kauf einer Sache. Dies führt zu erhöhten Verpflichtungen und gegenseitigen Rücksichtnahmen und damit auch zu einer gesteigerten Bedeutung der Grundsätze von Treu und Glauben. Diese Fürsorgepflicht gewinnt insb. ihre besondere Bedeutung bei der Frage der fristlosen Kündigung eines Franchise-Vertrages, wie die Entscheidung des KG v. 21.11.1997 zeigt.
Rz. 91
Der Franchise-Vertrag kann grds. formfrei und sogar durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden. Das Zustandekommen eines Franchise-Vertrages erfordert daher nicht die Einhaltung der Schriftform. Allerdings ergab sich bis zum 31.12.1998 die Notwendigkeit einer Schriftform bei einem Franchise-Vertrag mit Bezugsbindung aus § 34 GWB a.F., wobei die Vorschrift für bis zum 31.12.1998 abgeschlossene Franchise-Verträge nach wie vor Geltung hat. Darüber hinaus kann sich die Verpflichtung, den Franchise-Vertrag schriftlich abzuschließen, aus § 492 BGB ergeben (sog. verbraucherschutzrechtliches Schriftformerfordernis), wenn der Franchise-Nehmer Verbraucher i.S.d. § 13 BGB ist, selbst wenn dieser mit Abschluss des Franchise-Vertrages als kaufmännisches Erstgeschäft sein Unternehmereigenschaft i.S.d. § 14 BGB begründet. Wenn der Erwerb eines Grundstücks im Zusammenhang mit dem Abschluss des Franchise-Vertrages infrage steht, ergibt sich die notarielle Form auch für den Franchise-Vertrag aus § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB.