Rz. 168
Franchise-Verträge werden i.d.R. vom Franchise-Geber formularmäßig gestaltet. Hierzu zwingt nicht nur die Notwendigkeit, den Franchise-Vertrag ggü. allen Franchise-Nehmern einheitlich zu gestalten, sondern auch der Grundsatz der Gleichbehandlung der Franchise-Nehmer gem. § 242 BGB i.V.m. § 20 GWB. Franchise-Verträge sind also sog. Formularverträge. Sie unterliegen daher der Inhaltskontrolle – wie AGB – gem. §§ 305 ff. BGB. Gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Franchise-Verträgen dann unwirksam, wenn diese den Franchise-Nehmer unangemessen benachteiligen. Ob eine solche unangemessene Benachteiligung vorliegt, ist durch eine Interessenabwägung festzustellen. Dabei ist einerseits das Interesse des Franchise-Gebers an einer straffen Organisation seines Franchise-Systems und andererseits das Interesse des Franchise-Nehmers an Selbstständigkeit und wirtschaftlicher Bewegungsfreiheit zu berücksichtigen.
Rz. 169
Der Inhaltskontrolle von Franchise-Verträgen unterliegen u.a. folgende Klauseln:
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Absatzvorgaben, |
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Änderungsvorbehalte, |
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Ausgleichsanspruch, |
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Belieferungspflicht, |
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Berichtspflichten, |
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Berichtspflichten, |
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Bezugsbindungen, |
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Buchhaltung/Controlling, |
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Direktvertrieb des Franchise-Gebers, |
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Einkaufsvorteile, |
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Einsichts- und Kontrollrechte, |
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Eintrittsgebühr, |
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Gebiets-/Standortschutz, |
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Geheimhaltungsvereinbarungen, |
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Haftungsfreizeichnungs- oder Haftungsbegrenzungsklausel, |
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Internetvertrieb des Franchise-Gebers, |
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Investitionserstattungsanspruch, |
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Kündigungsregelungen, |
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Laufende Franchise-Gebühren/Marketing-Gebühren, |
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Laufzeitregelungen, |
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Mindestumsatz, |
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Nebentätigkeitsverbote, |
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Preisvereinbarungen, |
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Rechtsfolgen der Beendigung eines Franchise-Vertrages, |
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Richtlinien zur Wahrung der Corporate Identity sowie des Qualitätsstandards, |
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Rücknahmeverpflichtungen des Franchise-Gebers bei Beendigung des Franchise-Vertrages, |
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Schriftformklauseln, |
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Sonderkündigungsrechte, |
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Steuerberaterklausel, |
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Teilkündigung, |
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Übertragungsverbot, |
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Veräußerungsverbot, |
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Verkleinerung des Vertragsgebietes, |
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vertragliche und nachvertragliche Wettbewerbsverbote, |
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Vertragsstrafenregelungen. |
Rz. 170
Durch § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ist das Transparenzgebot gesetzlich geregelt. Danach ist es notwendig, dass Franchise-Verträge "klar und verständlich" gestaltet werden. Durch das Transparenzgebot wird der Franchise-Geber als Verwender des Franchise-Vertrages verpflichtet, den Vertrag systematisch und sprachlich so abzufassen, dass der rechtsunkundige Franchise-Nehmer in der Lage ist, etwa ihn benachteiligende Regelungen ohne Einholung von Rechtsrat zu erkennen. Es kommt dabei nicht auf die Verhältnisse der konkreten Vertragspartei an, weiter gehende Kenntnisse (insb. Rechtskenntnis) ändern nichts an einer Verletzung des Transparenzgebots. Allerdings dürfen die Anforderungen an das Transparenzgebot nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Franchise-Gebers als des Verwenders führen. Insofern besteht dessen Pflicht zur klaren und verständlichen Formulierung der Regelungen des Franchise-Vertrages nur i.R.d. Möglichen. Insofern verpflichtet das Transparenzgebot z.B. dazu, alle Regelungen, die Zahlungsverpflichtungen des Franchise-Nehmers begründen, in einer Regelung zusammenzufassen und nicht an unterschiedlichen Stellen im Franchise-Vertrag zu regeln, sodass die Zahlungsverpflichtungen für den Franchise-Nehmer nicht ohne weiteres erkennbar sind.
Rz. 171
Vor dem Hintergrund der BGH-Entscheidung vom 13.7.2004 kommt § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB grds. Bedeutung zu. Die Bedeutung der Entscheidung liegt darin, dass nach Ansicht des BGH die Klauseln eines Franchise-Vertrages zugleich gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sind, wenn diese den Franchise-Nehmern Beschränkungen auferlegen, die nicht durch die EU-Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikale Vertriebsbindungen vom Verbot des Art. 101 AEUV freigestellt sind. Insofern kommt dieser Entscheidung genau wie der Apollo-Optik-Entscheidung des BGH vom 20.5.2003 besondere Bedeutung für die Wirksamkeit von Regelungsinhalten eines Franchise-Vertrages zu. Zunächst ist für die Inhaltskontrolle von Regelungen in einem Franchise-Vertrag davon auszugehen, dass die insoweit maßgebliche Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikale Vertriebsbindungen einen Interessenausgleich zwischen dem Franchise-Geber und dem Franchise-Nehmer verfolgt, indem sie den Franchise-Nehmern größere Freiheiten und geschäftliche Selbstständigkeit verschaffen soll. Da die Gruppenfreistellungsverordnung somit auch den Schutz des Franchise-Nehmers bezweckt, kommt ihren Bestimmungen Ordnungs- und Leitbildfunktion i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (= § 9 Abs. 2 AGBG) zu.
Rz. 172
Unter diesem Gesichtspunkt sind folgende Klauseln eines Franchise-Vertrages einer Inhaltskontrolle zu unterziehen:
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Beschränkung der Nutzung der Investitionen des Franchise-Nehmers für das Franchise-System, auch wenn deren anderweitige Verwendung nicht zu einem Abfluss des Know-hows des Franchise-... |