Rz. 205
Die Diskussion um die Scheinselbstständigkeit des Franchise-Nehmers hat zwar ihr Ende gefunden, nachdem durch das zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 31.12.2002 der Kriterienkatalog des § 7 Abs. 4 SGB IV a.F. ersatzlos aufgehoben wurde. Jedoch scheint die Rspr. mittlerweile die Rentenversicherungspflicht gem. § 2 Nr. 9 SGB VI auch auf selbstständige Franchise-Nehmer auszuweiten. Dies wird von der Deutsche Rentenversicherung Bund damit begründet, dass selbstständige Franchise-Nehmer nur für einen Auftraggeber tätig sind, nämlich den Franchise-Geber, für den sie das Franchise-System umsetzen. Nachdem das SG Stuttgart mit Urt. v. 25.3.2004 zunächst die Ansicht der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht bestätigt hatte, hat nunmehr der BSG mit Urt. v. 4.11.2009 abschließend festgestellt, dass zum einen der Franchise-Geber alleiniger Auftraggeber des Franchise-Nehmers ist, da er diesen damit beauftragt hat, das Franchise-Konzept im jeweiligen Franchise-Outlet umzusetzen und demgemäß ein Franchise-Nehmer dann der Rentenversicherungspflicht gem. § 2 Nr. 9 SGB VI unterliegt, wenn dieser nicht regelmäßig einen Mitarbeiter beschäftigt, dessen monatliches Entgelt 420,00 EUR übersteigt.
Rz. 206
Allerdings hat das BSG durch die Entscheidung vom 24.11.2005 die Rentenversicherungspflicht auch auf Geschäftsführer einer GmbH erweitert und festgestellt, dass diese der Rentenversicherungspflicht gem. § 2 Nr. 9 SGB VI unterliegen, weil diese für einen Auftraggeber, nämlich die Franchise-Nehmer-Gesellschaft, tätig sind und i.d.R. selbst keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Dieses Urteil kam deswegen überraschend, weil bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen wurde, dass insoweit auf die von der Gesellschaft beschäftigten Mitarbeiter abgestellt werden kann. Wegen der möglichen Beitragsnachforderungen in nicht unerheblicher Höhe, von denen auch Anwälte als Geschäftsführer eine RA-GmbH und selbst die in einer GbR tätigen Rechtsanwälte betroffen sein konnten, sah sich der Gesetzgeber zu schnellem Handeln veranlasst. Durch das HaushaltbegleitG 2006 vom 29.6.2006 wird nunmehr durch eine Änderung des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI klargestellt, dass bei Gesellschaftern als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft gelten sollen. Außerdem wurde § 2 Satz 4 SGB VI um eine Nr. 3 erweitert, der zufolge bei Gesellschaftern auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft als solche i.S.v. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gelten. Folglich bleibt es entgegen dem Urt. d. BSG v. 24.11.2005 dabei, dass es ausreicht, wenn die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht des Geschäftsführers von der GmbH erfüllt werden, mithin also maßgeblich ist, wie viele versicherungspflichtige Arbeitnehmer bei ihr beschäftigt sind und für wie viele Auftraggeber die GmbH tätig ist. Es wird also nicht zu der befürchteten Ausweitung der Rentenversicherungspflicht auf selbstständige Alleingeschäftsführer einer Franchise-Geber-GmbH kommen.
Rz. 207
Schutzbedürftig i.S.d. gesetzlichen Rentenversicherung sind grds. folgende Personenkreise:
Die Anwendung von § 1 SGB VI kommt auf Franchise-Nehmer nicht in Betracht. Ein Franchise-Vertrag ist so gestaltet, dass die unternehmerische Selbstständigkeit gewahrt ist und insofern auch nicht von einer arbeitnehmerähnlichen Schutzbedürftigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 ArbGG auszugehen ist. Entscheidend ist damit immer, ob bei einem Franchise-Nehmer die Voraussetzungen einer Rentenversicherungspflicht gem. § 2 Nr. 9 SGB VI gegeben sind. Davon ist dann auszugehen, wenn
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im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit der Franchise-Nehmer regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt, dessen Entgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 538,00 EUR (ab 1.1.2025 556,00 EUR) übersteigt und |
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dieser auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist. |
Rz. 208
Soweit es um die Beschäftigung von Mitarbeitern geht, reicht es auch aus, wenn mehrere Mitarbeiter beschäftigt werden, deren Vergütung insgesamt seit dem 1.1.2024 538,00 EUR (ab 1.1.2025 556,00 EUR) übersteigt. Ist der Franchise-Nehmer jedoch allein tätig, hängt es davon ab, ob ein solcher Franchise-Geber im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig ist. Hier geht die Deutsche Rentenversicherung davon aus, dass ein Franchise-Nehmer dann im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig ist,
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wenn dieser mindestens 5/6 seiner Betriebseinnahmen pro Kalenderjahr aus der zu beurteilenden Tätigkeit erzielt und |
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wenn der Franchise-Nehmer mehrere selbstständige Tätigkeiten ausübt, die Betriebseinnahmen aus allen Tätigkeiten zu addieren und zueinander ins Verhältnis zu setzen sind. |
Die zweitgenannte Voraussetzung wird für Franchise-Systeme i.d.R. ohne Bedeutung sein, da die Tätigkeit eines Franchise-Nehmers ausschließlich auf die Umsetzung des Franchise-Konzeptes ausgerichtet ist.
Ents...