Rz. 189

Dem Erben steht die Überschwerungseinrede nach § 1992 BGB zu, wenn die Überschuldung des Nachlasses auf Vermächtnissen und Auflagen beruhen, bspw. wenn der Erblasser mehr durch Vermächtnis verteilt hat als im Nachlass vorhanden ist. Entsprechendes gilt für das Untervermächtnis (§ 2187 Abs. 3 BGB).[378] Im Prozess des Vermächtnisnehmers ist darauf zu achten, dass der Erbe bei entsprechender Sach- und Rechtslage nach der Erhebung der Überschwerungseinrede (§ 1992 BGB) einen Haftungsbeschränkungsvorbehalt nach § 780 ZPO in den Tenor aufnehmen lässt. Eine Aufnahme des Vorbehalts in den Urteilsgründen genügt nicht.[379] Zu beachten gilt es, dass der Haftungsvorbehalt nicht nur hinsichtlich der Hauptforderung, sondern auch bezüglich einer etwaigen Nebenforderung und der Kosten geltend gemacht wird.[380]

Der Vorbehalt der beschränkten Haftung wird nur auf Einrede des Beschwerten in das Urteil aufgenommen. Eines besonderen Antrages bedarf es nicht.[381] Die Einrede kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung eingebracht werden. Eine in der ersten Instanz nicht geltend gemachte Einrede kann in der Berufungsinstanz nachgeholt werden.[382] Die Berufung ist wohl auch gerade aus dem Zweck, die Einrede der Haftungsbeschränkung zu erheben, zulässig.[383] Ist das Urteil ohne Geltendmachung oder Berücksichtigung des Haftungsvorbehalts rechtskräftig geworden, kann dieser nicht mehr nachgeholt werden.[384]

 

Rz. 190

Muster 6.15: Haftungsbeschränkungsvorbehalt nach § 780 ZPO

 

Muster 6.15: Haftungsbeschränkungsvorbehalt nach § 780 ZPO

Dem Erben wird die Haftungsbeschränkung bezüglich Haupt-, Nebenforderung und Kosten im Urteil nach § 780 ZPO vorbehalten.[385]

 

Rz. 191

Ist bereits festgestellt, dass der Nachlass durch die Vermächtnisforderung bereits überschuldet ist, oder ist die Rechtslage offensichtlich, dann sollte dies im Prozess seitens des Gerichtes bereits berücksichtigt werden, was ggf. zu einem teilweise stattgebenden Urteil führt. Lässt sich das Gericht hierauf nicht ein, dann muss die Haftungsbeschränkung durch Vollstreckungsgegenklage i.R.d. Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden (§§ 781, 785, 767 ZPO).[386] Entscheidet der Tatrichter über eine vom Beklagten erhobene Dürftigkeitseinrede nicht, dann kann das Revisionsgericht den Vorbehalt auch ohne ausdrückliche Rüge nachholen.[387]

 

Hinweis

Vgl. zum Einwand der beschränkten Erbenhaftung bei einem gegen den Erblasser ergangenen Urteil OLG Celle NJW-RR 1988, 133.

[378] Palandt/Weidlich § 1992 Rn 1.
[379] Krug, ZErb 1999, 1.
[380] Zöller/Stöber, § 780 Rn 7.
[381] BGH NJW 1983, 2378. Vgl. zur Verpflichtung des Anwaltes BGH NJW 1992, 2694.
[382] Zöller/Stöber, § 780 Rn 10.
[383] OLG Celle OLGR 1995, 204.
[384] Zöller/Stöber, § 780 Rn 14.
[385] Vgl. hierzu auch Bonefeld, ZErb 2002, 319.
[386] BGH NJW 1964, 2300.

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