Rz. 53

Begründungsansätze für die überwiegend vertretene Ansicht werden unter verschiedenen Gesichtspunkten geliefert.

 

Rz. 54

Verwiesen wird zunächst auf die enge Verflechtung von Konzern- und Gesellschaftsrecht, die eine einheitliche Regelung des Gesellschafter- und Gläubigerschutzes innerhalb derselben Rechtsordnung verlange.[161]

 

Rz. 55

Ein anderer Begründungsansatz geht dahin, dass es sich bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen i.S.v. § 291 AktG um Satzungsänderungen handele, die dem Gesellschaftsstatut der abhängigen Gesellschaft unterfallen. Für Unternehmensverträge nach § 292 AktG solle hingegen eine Sonderanknüpfung erfolgen.[162]

 

Rz. 56

Vertreten wird auch eine Anknüpfung nach dem Ort der charakteristischen Leistung, also nach dem Recht des Ortes, an welchem die wirtschaftlich wesentliche Leistung vollzogen wird. Als charakteristische Leistung wird im Falle des Unterordnungskonzerns die Unterwerfung der beherrschten Gesellschaft angesehen, so dass deren Rechtsordnung heranzuziehen sei.[163]

 

Rz. 57

Argumentiert wird auch unter Hinweis auf die Interessen der Personen, die zu der abhängigen Gesellschaft in rechtlicher Beziehung stehen. Sie müssten vor den Gefahren geschützt werden, die durch eine eigenständige unternehmerische Tätigkeit des herrschenden Unternehmens drohten. Das Recht der abhängigen Gesellschaft müsse deshalb auf die herrschende Gesellschaft ausstrahlen.[164] Die abhängige Gesellschaft sei die Gesellschaft, bei der der Gefahrenschwerpunkt liege, weshalb sie schutzwürdig sei.[165]

 

Rz. 58

Eine teilweise vorgenommene wirtschaftsrechtliche Sonderanknüpfung führt über das "Prinzip der Marktauswirkung im Inland" ebenfalls zur Anwendung des Statuts der abhängigen Gesellschaft.[166]

 

Rz. 59

Die sog. ergebnisbestimmte Anknüpfung entwickelt kollisionsrechtliche Grundsätze aus den materiell-gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen, aus denen sich die Anknüpfung an das Recht der abhängigen Gesellschaft ergeben müsse.[167]

 

Rz. 60

Schließlich wird die Ansicht vertreten, dass die Personalstatute aller beteiligten Gesellschaften angewendet werden müssten, da den zwingenden Regelungen aller betroffenen Gesellschaftsrechtsordnungen gerecht zu werden sei.[168]

[161] Mann, in: FS Barz, 1974, S. 219 ff.; Zimmer, IPRax 1998, 187, 188; vgl. auch Einsele, ZGR 1996, 40, 41; MüKo-BGB/Kindler, IntGesR, Rn 693.
[162] Bache, Der internationale Unternehmensvertrag nach deutschem Kollisionsrecht, 1969, S. 21 ff. Nach Koppensteiner, Internationale Unternehmen im deutschen Gesellschaftsrecht, 1971, S. 145 ff. ist dies deshalb nötig, weil die Vorschriften des Aktiengesetzes international nicht austauschbar seien.
[163] Vgl. MüKo-BGB/Kindler, IntGesR, Rn 695; so wohl auch der Ansatz über den Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses "Unternehmensvertrag", wonach es bei einem solchen Vertrag in erster Linie um die Auswirkungen bei der beherrschten Gesellschaft geht, Bärwaldt/Schabacker, AG 1998, 182, 186.
[164] Großfeld, in: Staudinger, IntGesR, 1993, Rn 503; vgl. auch Zimmer, IPRax 1998, 187, 188.
[165] Einsele, ZGR 1996, 40, 41.
[166] Vgl. dazu m.w.N. MüKo-BGB/Kindler, IntGesR, Rn 698 f.; Einsele, ZGR 1996, 40, 42; Zimmer, IPRax 1998, 187, 188.
[167] MüKo-BGB/Kindler, IntGesR, Rn 700 f.; Klocke, Deutsches Konzernkollisionsrecht und seine Substitutionsprobleme, 1974, S. 62 ff. Kritisiert wird diesbezüglich, dass die Ermittlung des anwendbaren Rechts durch wertenden Vergleich zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führe, vgl. etwa Einsele, ZGR 1996, 40, 43; Zimmer, IPRax 1998, 187, 188.
[168] Vgl. MüKo-BGB/Kindler, IntGesR, Rn 702; Einsele, ZGR 1996, 40, 45; Rundshagen/Strunk, RIW 1995, 664, 666 sprechen von "praktischer Konkordanz" der beiden Rechtsordnungen. Wohl auch Behrens, JBl 2001, 341, 351. Kritisch hierzu Zimmer, IPRax 1998, 187, 188, der eine Normenhäufung befürchtet.

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