Benjamin Ballhorn, Jan König
Rz. 111
Gemäß dem IDW S 1 ist auf die dem Unternehmen innewohnende Ertragskraft abzustellen. Bei personenbezogenen Unternehmen ist regelmäßig beobachtbar, dass der Gesellschafter durch persönliche Fähigkeiten maßgeblich den Unternehmenserfolg bedingt. Typische Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer solchen Konstellation liegen vor, wenn sich der Unternehmer in der Rolle des (Haupt-)Leistungserbringers präsentiert und seine Leistung über die Kundenzufriedenheit entscheidet. Eine ähnliche Wirkung kann eintreten, wenn der Unternehmer als Verkaufsleiter, Geschäftsleiter, Vertrauensperson oder Know-how-Träger sein Unternehmen steuert. Damit liegt ein wesentlicher Erfolgsfaktor nicht in der Sphäre des Unternehmens, sondern in der des Unternehmers. Soll aber der Wert des Unternehmens ermittelt werden, dürfen nur die Faktoren erfasst werden, über die das Unternehmen auch verfügen kann.
Rz. 112
Persönliche Fähigkeiten des Gesellschafters liegen nicht in dem Einflussbereich des Unternehmens. Für die Bewertung ist daher eine Betrachtung notwendig, ob und inwieweit solche persönlichen Fähigkeiten dem Unternehmen zur Verfügung stehen können. Für eine angemessene Behandlung dieser Fähigkeiten ist daher zu unterstellen, dass der Gesellschafter zum Bewertungsstichtag ausscheidet. Eine gegenteilige Annahme sollte dagegen nur in Ausnahmefällen getroffen werden. Dies könnte z.B. der Fall sein, wenn vertragliche Verpflichtungen des Gesellschafters vorliegen oder vergleichbare Fähigkeiten entgeltlich beschafft werden könnten. Im letzteren Fall wären die entsprechenden Entgelte in der Planungsrechnung anzusetzen.
Rz. 113
Aus diesem Grund sind die Einflüsse des Eigentümers bei der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte entsprechend zu eliminieren. Sofern von einer vollständig übertragbaren Ertragskraft ausgegangen wird, setzt das die Annahme voraus, dass der Gesellschafter nicht gestaltend im Unternehmen tätig ist. Der Erwerber kann die Ertragskraft langfristig erhalten, sodass eine Eliminierung persönlicher Einflüsse nicht erforderlich ist. Diese Annahme ist bei der Bewertung von KMU jedoch grundsätzlich kritisch zu hinterfragen.
Rz. 114
Falls hingegen die Ertragskraft von den persönlichen Fähigkeiten des Eigentümers abhängig ist, ist eine Anpassung im Detailplanungszeitraum vorzunehmen. Je nachdem, ob die identifizierten Faktoren unmittelbar nach dem Bewertungsstichtag wegfallen oder sich über einen Zeitraum reduzieren, findet eine Anpassung der finanziellen Überschüsse statt. Während im ersten Fall die gesamten spezifizierten Erfolgsbeiträge umgehend eliminiert werden, erfolgt im zweiten Fall ein Abschmelzprozess der temporär übertragbaren finanziellen Überschüsse innerhalb der Detailplanungsphase. Die Länge der Abschmelzungsdauer ist abhängig von den zugrundeliegenden Erfolgsfaktoren sowie von Unternehmens- und Branchenverhältnissen. Die Thematik der übertragbaren Ertragskraft ist oftmals eng mit dem Aspekt der Nachhaltigkeit der Kundenbeziehungen verbunden. Hinweise zur Dauer des Fortbestehens von Kundenbeziehungen geben dabei bspw. Vertragslaufzeiten oder Produktlebenszyklen.
Eine weitere Besonderheit bei der Prognose der zukünftigen Ertragskraft von KMU besteht darin, den Unternehmerlohn in angemessener Höhe zu berücksichtigen. Soweit für die Tätigkeit des Inhabers bisher kein marktgerechter Unternehmerlohn berücksichtigt worden ist, sind die künftigen finanziellen Überschüsse entsprechend anzupassen. Die Höhe des Unternehmerlohns ist nach der marktüblichen Vergütung zu bestimmen, die eine nicht beteiligte Geschäftsführung erhalten würde. Neben dem Unternehmerlohn kann auch fiktiver Lohnaufwand für bislang zu nicht marktgerechten Konditionen mitarbeitende nahestehende Personen des Eigentümers zu berücksichtigen sein.