Benjamin Ballhorn, Jan König
1. Grundlagen zur Bestimmung der finanziellen Überschüsse
Rz. 24
Der Unternehmenswert ergibt sich auf Basis der zukünftigen Nettoeinnahmen, welche die Anteilseigner aus dem Unternehmen entziehen können. Diese Nettoeinnahmen hängen insbesondere von der Fähigkeit des Unternehmens ab, finanzielle Überschüsse zu erwirtschaften. Eine Unternehmensbewertung erfordert daher die Prognose der Höhe und des zeitlichen Anfalls der entziehbaren künftigen finanziellen Überschüsse des Unternehmens. Zudem sind Annahmen zu treffen, wie sich die finanziellen Überschüsse auf Eigen- und Fremdkapitalgeber aufteilen.
Rz. 25
Die Ableitung der Zahlungsströme kann auf Grundlage von zukünftigen Einnahmeüberschüssen, Ertragsüberschüssen oder Free Cash Flows erfolgen. Hierfür kommen die DCF-Verfahren oder das Ertragswertverfahren in Betracht. Während im internationalen Kontext die DCF-Verfahren vorrangig Anwendung finden, ist in Deutschland das Ertragswertverfahren weiterhin sehr weit verbreitet. Bei beiden Ansätzen ist stets die Ausschüttungsfähigkeit der Überschüsse zu prüfen. Ebenso sind die Thesaurierungen sowie die Verwendung nicht ausgeschütteter Beträge zu berücksichtigen und bewertungstechnisch sachgerecht abzubilden. Diese Beträge können zur Investition, zur Tilgung von Fremdkapital oder zur Rückführung von Eigenkapital verwendet werden. Die Ertragsüberschussrechnung erfordert zudem eine ergänzende Ermittlung des Finanzierungsbedarfs, in der Ausschüttungen und Investitionen entsprechend einfließen. Eine ordnungsgemäße Unternehmensbewertung basiert daher immer auf aufeinander abgestimmten Plan-Bilanzen, Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Finanzplanungen.
Rz. 26
Wertbestimmend sind nur diejenigen finanziellen Überschüsse des Unternehmens, die als Nettoeinnahmen in den Verfügungsbereich der Eigentümer gelangen (sog. Zuflussprinzip). Dies erfordert die sachgerechte Berücksichtigung der steuerlichen Belastungen. Dabei sind sowohl die steuerlichen Einflüsse auf Unternehmensebene als auch die steuerlichen Belastungen auf Ebene der Unternehmenseigner zu erfassen.
Rz. 27
Bei der Ermittlung der finanziellen Überschüsse ist insbesondere zu unterscheiden, für welchen Bewertungszweck die Unternehmensbewertung durchgeführt und in welcher Funktion der Bewerter tätig wird. Die eingenommene Funktion kann wesentliche Auswirkung auf die zu berücksichtigenden finanziellen Überschüsse haben. Im IDW S 1 wird an dieser Stelle zwischen der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswertes und der Ermittlung subjektiver Entscheidungswerte unterschieden. Die Unterschiede betreffen insbesondere die Berücksichtigung bisher noch nicht eingeleiteter Maßnahmen, die Erfassung von Synergieeffekten, den sachgerechten Ansatz von Managementfaktoren, die Annahmen zum Ausschüttungsverhalten sowie die Berücksichtigung der Steuerbelastungen. Darüber hinaus können Abweichungen hinsichtlich der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes bestehen.
2. Besonderheiten bei der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte
Rz. 28
Bei dem objektivierten Wert i.S.d. IDW S 1 handelt es sich um einen intersubjektiv nachprüfbaren Zukunftserfolgswert aus Sicht eines typisierten Anteilseigners, der sich bei Fortführung des Unternehmens auf Basis des bestehenden Unternehmenskonzepts und mit allen realistischen Zukunftserwartungen im Rahmen der Marktchancen, -risiken und finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens sowie sonstiger Einflussfaktoren ergibt. Kennzeichnend für den objektivierten Wert ist, dass dieser unabhängig von rein subjektiven Merkmalen und Gestaltungsmöglichkeiten der jeweiligen Anteilseigner ist und ausschließlich die am Bewertungsstichtag im Unternehmen vorhandene Ertragskraft abbildet.
Rz. 29
Die vorhandene Ertragskraft basiert auf den am Bewertungsstichtag vorhandenen Erfolgsfaktoren. Mögliche, aber noch nicht eingeleitete Maßnahmen (bspw. Erweiterungsinvestitionen und Desinvestitionen) oder andere, noch nicht im Unternehmenskonzept dokumentierte Maßnahmen sowie die daraus erwarteten finanziellen Überschüsse dürfen nicht erfasst werden. Eine solche Berücksichtigung stände auch nicht im Einklang mit der Wurzeltheorie des BGH. Zur bewertbaren Ertragskraft zählen somit nur solche Ertragsmöglichkeiten aus Maßnahmen, die zum Bewertungsstichtag bereits eingeleitet oder im Unternehmenskonzept dokumentiert sind. Hierzu gehören keine "bloßen Ideen".
Rz. 30
Hinsichtlich der zu berücksichtigenden Synergieeffekte muss unterschieden werden, ob es sich um unechte oder echte Synergien handelt. Echte Synergieeffekte, die ausschließlich durch Kooperation ganz bestimmter Unternehmen aufgrund spezifischer Eigenschaften resultieren, sind im Rahmen objektivierter Bewertungen nicht zu berücksichtigen. Unechte Synergien, die a...