Dr. Konrad Osthold, Désirée Goertz
Rz. 98
Das Antragsrecht nach § 1981 Abs. 1 BGB steht gem. § 2062 BGB nur allen Miterben gemeinsam zu. Die Nachlassverwaltung ist anzuordnen, wenn sie beantragt wird, § 1981 Abs. 1 BGB. Indirekte Voraussetzung ist noch, dass eine die Kosten deckende Masse vorhanden bzw. eingezahlt worden ist (§ 1981 BGB).
Die Beantragung kann nur bis zur Teilung des Nachlasses erfolgen, § 2062 BGB.
Rz. 99
Es ist bei Erbenmehrheit umstritten, ob die Beantragung der Nachlassverwaltung noch möglich ist, wenn einer der Erben inzwischen unbeschränkt haftet. Der Telos des § 2062 BGB beschränke sich auf den Schutz der Miterben vor einer aufgezwungenen Nachlassverwaltung. Zudem ist der Zweck eines von dem/n Erben eingeleiteten Verfahrens noch so lange erreichbar, wie einer von ihnen noch beschränkbar haftet.
Mit der h.M. ist das Antragsrecht abzulehnen, denn gegen das Antragsrecht spricht der deutliche Wortlaut des § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB. Ein allen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkt haftender Erbe kann die Nachlassverwaltung nicht mehr beantragen, sodass der erforderliche gemeinschaftliche Antrag nicht mehr gestellt werden kann. Dies ist von den übrigen Mitgliedern der Erbengemeinschaft hinzunehmen. Die unbeschränkte Haftung des Miterben wird in der Regel durch ein Inventarvergehen entstanden sein. Jeder der anderen Erben hätte aber seinerseits ein Inventar errichten können, worauf die anderen Erben gem. § 2004 BGB hätten Bezug nehmen können. Geschieht dies nicht, sind die Konsequenzen von allen zu tragen.
Rz. 100
Ist die Erbenposition be- bzw. umstritten, stellt sich die Frage, ob Erbprätendenten den Antrag auf Nachlassverwaltung stellen dürfen. Diese Frage wurde noch nicht entschieden. Zu deren Beantwortung werden teilweise zwei Entscheidungen des BGH zur Nachlassinsolvenz, wo § 316 Abs. 1 InsO jedenfalls die Zulässigkeit während der Ausschlagungsfrist regelt, bemüht. Nach Annahme der Erbschaft habe der Erbe auch bei laufendem Streit über die Erbenstellung die Pflicht, die Insolvenz zu beantragen – eine Behandlung als bloß "vorläufiger" Erbe gebe das Recht nicht vor. Besteht die Pflicht, beinhaltet diese nach hier vertretener Ansicht auch das Recht, den Antrag zu stellen. Allerdings sieht auch der BGH, dass der Prätendent in der Praxis voraussichtlich Probleme haben wird.
Rz. 101
Ob aus diesen für das vor allem Gläubiger schützende Insolvenzverfahren gemachten Erwägungen zwingende Schlüsse auf die Nachlassverwaltung folgen, ist zweifelhaft. Denn anders als dort handelt es sich hier um eine bloße Vorsichtsmaßnahme des Erben, die nach objektiver Betrachtung nicht erforderlich ist, da der vorläufige Erbe nach § 1958 BGB gegen Angriffe von Nachlassgläubigern geschützt ist. Zudem ist dem vorläufigen Erben nach allg. Auffassung nur die Sicherung des Nachlasses möglich, wenn er des Ausschlagungsrechtes nicht verlustig gehen will. Im Regelfall wird es schwierig sein, die weitreichende, den Erben nach Abnahme der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis sowie des Besitzes zum "Papiererben" degradierende Nachlassverwaltung als bloße Sicherheitsmaßnahme zu verstehen. Vergegenwärtigt man sich, dass der Erbe in der Regel durch die Nachlassverwaltung zu einem auf einen am Ende überbleibenden Überschuss hoffenden Zuschauer der Nachlassliquidierung gemacht wird, lässt es sich nach hier vertretener Auffassung schwerlich rechtfertigen, dem vorläufigen Erben eine für den endgültigen Erben derart einschneidende Entscheidung zuzubilligen.
Rz. 102
Die Rücknahme des Antrags auf Nachlassverwaltung ist gesetzlich nicht geregelt. Nach überwiegender Auffassung ist die Rücknahme nach § 22 FamFG bis zur Anordnung der Nachlassverwaltung bzw. deren Ablehnung möglich.