Dr. Konrad Osthold, Désirée Goertz
Rz. 189
Nach §§ 2060, 2061 BGB haften Miterben ausnahmsweise lediglich anteilig für Nachlassverbindlichkeiten. Jeder Erbe haftet in Höhe der Quote, die seinem Erbteil entspricht. Es wird also nicht die Haftungsmasse festgelegt, sondern die Verbindlichkeit für jeden Erben reduziert.
a) Allgemeines
Rz. 190
Die Einwendungen aus §§ 2060, 2061 BGB sind von Amts wegen zu beachten und müssen nicht erhoben werden.
Rz. 191
Für die Anwendbarkeit der §§ 2060, 2061 BGB ist die sonstige Haftungssituation des Erben irrelevant – vor allem kommt es nicht darauf an, ob der Erbe beschränkt oder unbeschränkt haftet.
Rz. 192
Die Beweislast für das Vorliegen der Teilung und der Voraussetzungen der § 2060 Nr. 1–3 BGB obliegt grundsätzlich dem jeweiligen Erben. Eine Ausnahme bildet der Nachweis der Kenntnis des Erben von der Schuld für Nr. 2 und die rechtzeitige Anmeldung im Aufgebotsverfahren.
Rz. 193
Der in §§ 2060 f. BGB angesprochene Erbteil bemisst sich nur nach dem Erbteil des Erben am Nachlass. Evtl. Ansprüche aus der Ausgleichung nach §§ 2050 ff. BGB werden nicht berücksichtigt, da sie lediglich das Innenverhältnis betreffen. Für einen außenstehenden Nachlassgläubiger sind die sich aus der Ausgleichung ergebenden Besonderheiten nicht nachvollziehbar. Die bloße Erbquote kann der Nachlassgläubiger dem Erbschein oder unter Umständen auch dem Testament des Erblassers entnehmen.
b) Probleme der Gläubiger bei Zusammentreffen von beschränkter Haftung und anteiliger Haftung
Rz. 194
Schwierig wird es für die Gläubiger allerdings, wenn ein Miterbe tatsächlich nichts aus dem Nachlass erhalten hat und er zudem nur beschränkt haftet, so dass auf sein Eigenvermögen nicht zugegriffen werden kann. Die übrigen Miterben haften wegen §§ 2060, 2061 BGB nur entsprechend ihrer Erbquote. Damit kann der Gläubiger grundsätzlich die Anteile der Forderung nicht eintreiben, die auf Miterben entfallen, die beschränkt haften und im Übrigen nichts aus dem Nachlass erhalten. Diese Situation wird in der Literatur teilweise als unbillig empfunden, weswegen zwei Lösungswege entwickelt wurden. Diese werden von der herrschenden Meinung zu Recht abgelehnt. Eine Lösung schlägt vor, der Gläubiger solle den Anspruch des Erben nach § 2046 BGB auf Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten pfänden. Dieser Vorschlag ist abzulehnen, da nach der Teilung ein Anspruch auf eine weitere Gläubigerbefriedigung nicht besteht.
Nach einer anderen Lösung soll dem Gläubiger der Anspruch zugebilligt werden, der dem Erben als Erstattungsanspruch zustünde, würde er den Gläubiger trotz der Teilhaftung nach §§ 2060, 2061 BGB befriedigen. Ein solcher Erstattungsanspruch entsteht jedoch nicht: §§ 2060, 2061 BGB sind Einwendungen, der Erbe wäre zur Leistung nicht verpflichtet und bliebe nach einer Leistung auf den Kosten sitzen. Die heute h.M. bürdet also dem Gläubiger das Risiko auf, mit einem Teil seiner Forderungen auszufallen. Dies ist auch angemessen, hatte er doch die Möglichkeit, seine Forderung rechtzeitig anzumelden.
c) § 2060 Nr. 1 BGB
Rz. 195
Nach § 2060 Nr. 1 BGB besteht eine Teilhaftung den Gläubigern gegenüber, die im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen wurden. Gemeint ist damit das Aufgebot der Gläubiger nach §§ 1970 ff. BGB. Ausdrücklich erfasst sind auch die Gläubiger, die nach § 1972 BGB vom Aufgebotsverfahren eigentlich nicht betroffen sind. Es handelt sich um Gläubiger von Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen. Gegenüber den in § 1972 BGB genannten Gläubigern kann durch das Aufgebotsverfahren also eine anteilige Haftung eintreten, nicht aber eine beschränkte.
Rz. 196
§ 2060 Nr. 1 BGB erwähnt die in § 1971 BGB genannten Gläubiger nicht. Von § 2060 Nr. 2 BGB werden diese ausdrücklich nicht erfasst. Daher wird die Einbeziehung dieser Gläubiger für § 2060 Nr. 1 BGB als selbstverständlich vorausgesetzt.
Rz. 197
Umstritten ist, ob der Ausschließungsbeschluss noch vor der Teilung ergangen sein muss. Die h.M. bejaht dies zu Recht. Hierfür sprechen zum einen der Wortlaut der Norm und zum anderen auch deren Sinn und Zweck, wonach voreilige Teilungen vermieden werden sollen. Die Nachlassverbindlichkeiten sollen aus dem ungeteilten Nachlass beglichen werden. Dann muss nach hier vertretener Auffassung die Rechtskraft des Ausschließungsbeschlusses abgewartet werden. Dies verschafft Klarheit darüber, ob tatsächlich alle Gläubiger befriedigt wurden. Die Gegenauffassung vertritt den Standpunkt, dass sich die Notwendigkeit dieser zeitlichen Abfolge aus dem Gesetz nich...