Rz. 81
Gemäß § 1975 BGB beschränkt sich die Haftung aller Miterben für Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass, wenn Nachlassverwaltung (oder Nachlassinsolvenz) angeordnet wurde. Die Nachlassverwaltung kann von den Erben nur gemeinschaftlich und nur vor der Teilung des Nachlasses beantragt werden, § 2062 BGB.
aa) Überblick
Rz. 82
Nachlassverwaltung ist in der Regel das richtige Verfahren, wenn ein zureichender, aber unübersichtlicher Nachlass vorliegt. Sie kann das Vorstadium der Nachlassinsolvenz sein, wenn sich später herausstellt, dass der Nachlass notleidend ist. Um eine Ablehnung des Antrages wegen mangelnder Masse zu vermeiden (§ 1982 BGB), rät Rott einen die Kosten der Nachlassverwaltung deckenden Vorschuss einzuzahlen, da die Eröffnung dann analog § 26 Abs. InsO nicht abgelehnt werden könne.
Rz. 83
Das Gesetz betrachtet die Nachlassverwaltung in § 1975 BGB als eine Form der Pflegschaft – das entsprechende Recht ist dann anzuwenden, wenn dies dem Zweck des Verfahrens nicht entgegensteht bzw. nichts anderes ausdrücklich geregelt ist.
Rz. 84
Da die Einleitung dieser Verfahren nach § 1983 BGB bekannt gemacht werden muss, werden einige Erben möglicherweise davor zurückschrecken, das Verfahren einzuleiten. Schließlich wird so nach dem Tode des Erblassers bekannt, dass es um dessen Finanzen schlecht bestellt war. Reizvoll ist allerdings, dass die Haftungsbeschränkung durch Nachlassverwaltung allen Gläubigern entgegengehalten werden kann.
Rz. 85
Werden diese Verfahren während eines laufenden Prozesses eingeleitet, wird dadurch der laufende Prozess unterbrochen (§ 241 Abs. 3 ZPO, § 1984 Abs. 1 S. 3 BGB), § 246 ZPO ist jedoch zu berücksichtigen (bestellter Prozessbevollmächtigter).
Rz. 86
Ist Nachlassverwaltung angeordnet, ist den Erben gem. § 1984 Abs. 1 BGB, §§ 81, 82 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass entzogen: Sämtliche Entscheidungen werden in die Hände des Verwalters gelegt. Auch die Gläubiger müssen sich an den Verwalter wenden, § 1984 Abs. 1 S. 3 BGB. Jedem Miterben steht jedoch weiterhin die Möglichkeit offen, über den eigenen Erbanteil zu verfügen.
bb) Zuständiges Gericht
Rz. 87
Die Zuständigkeit des Gerichts richtet sich nach §§ 1962, 1981 BGB, § 23a Abs. 2 Nr. 2 GVG, § 343 FamFG; zuständig ist das Nachlassgericht im Bezirk des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Erblassers. Funktionell zuständig ist grundsätzlich der Rechtspfleger, §§ 3 Nr. 2c, 16 Abs. 1 Nr. 1, 14 RPflG.
cc) Antragsberechtigung und Voraussetzungen
Rz. 88
Die Anordnung der Nachlassverwaltung erfolgt gem. § 1981 BGB auf Antrag. Möglich ist ein Antrag durch Erben (§ 1981 Abs. 1 BGB), aber auch durch Nachlassgläubiger (§ 1981 Abs. 2 BGB). Antragsberechtigt sind außerdem entsprechend § 317 InsO der Testamentsvollstrecker und gem. § 2383 BGB der Erbschaftskäufer. Der Nachlasspfleger ist nicht antragsberechtigt. Der Nacherbe ist nach Eintritt des Nacherbfalles antragsberechtigt.
(1) Antragsrecht der Erben
Rz. 89
Das Antragsrecht nach § 1981 Abs. 1 BGB steht gem. § 2062 BGB nur allen Miterben gemeinsam zu. Die Nachlassverwaltung ist anzuordnen, wenn sie beantragt wird, § 1981 Abs. 1 BGB. Indirekte Voraussetzung ist noch, dass eine die Kosten deckende Masse vorhanden bzw. eingezahlt worden ist (§ 1981 BGB).
Die Beantragung kann nur bis zur Teilung des Nachlasses erfolgen, § 2062 BGB.
Rz. 90
Es ist umstritten, ob die Beantragung der Nachlassverwaltung noch möglich ist, wenn einer der Erben inzwischen unbeschränkt haftet. Für ein Antragsrecht spricht, dass durch die Nachlassverwaltung die Miterben geschützt werden sollen und nicht die Nachlassgläubiger: Der Schutz der übrigen Miterben ist noch möglich.
Mit der h.M. ist das Antragsrecht abzulehnen, denn gegen das Antragsrecht spricht der deutliche Wortlaut des § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB. Ein allen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkt haftender Erbe kann die Nachlassverwaltung nicht mehr beantragen. Dies ist von den übrigen Mitgli...