Dr. Konrad Osthold, Désirée Goertz
Rz. 195
Nach § 2060 Nr. 1 BGB besteht eine Teilhaftung den Gläubigern gegenüber, die im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen wurden. Gemeint ist damit das Aufgebot der Gläubiger nach §§ 1970 ff. BGB. Ausdrücklich erfasst sind auch die Gläubiger, die nach § 1972 BGB vom Aufgebotsverfahren eigentlich nicht betroffen sind. Es handelt sich um Gläubiger von Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen. Gegenüber den in § 1972 BGB genannten Gläubigern kann durch das Aufgebotsverfahren also eine anteilige Haftung eintreten, nicht aber eine beschränkte.
Rz. 196
§ 2060 Nr. 1 BGB erwähnt die in § 1971 BGB genannten Gläubiger nicht. Von § 2060 Nr. 2 BGB werden diese ausdrücklich nicht erfasst. Daher wird die Einbeziehung dieser Gläubiger für § 2060 Nr. 1 BGB als selbstverständlich vorausgesetzt.
Rz. 197
Umstritten ist, ob der Ausschließungsbeschluss noch vor der Teilung ergangen sein muss. Die h.M. bejaht dies zu Recht. Hierfür sprechen zum einen der Wortlaut der Norm und zum anderen auch deren Sinn und Zweck, wonach voreilige Teilungen vermieden werden sollen. Die Nachlassverbindlichkeiten sollen aus dem ungeteilten Nachlass beglichen werden. Dann muss nach hier vertretener Auffassung die Rechtskraft des Ausschließungsbeschlusses abgewartet werden. Dies verschafft Klarheit darüber, ob tatsächlich alle Gläubiger befriedigt wurden. Die Gegenauffassung vertritt den Standpunkt, dass sich die Notwendigkeit dieser zeitlichen Abfolge aus dem Gesetz nicht ableiten lasse. Der Termin sei irrelevant. Wer sich auf das Aufgebot nach der Teilung nicht meldet, hätte sich auch vorher nicht gemeldet.
Mit "Verlegung" des Aufgebotsverfahrens in das FamFG wurde geregelt, dass die Endentscheidung in Form des Ausschließungsbeschlusses erst mit Rechtskraft wirksam wird, § 439 Abs. 2 FamFG. Der Ausschließungsbeschluss ist gem. § 441 S. 1 FamFG öffentlich zuzustellen. Die (formelle) Rechtskraft tritt nicht vor Ablauf der Rechtsmittelfrist ein, § 45 FamFG. Gegen den Ausschließungsbeschluss ist das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde gem. §§ 58 ff. FamFG gegeben. Gemäß § 439 Abs. 3 FamFG ist dabei die Mindestbeschwer gem. § 61 Abs. 1 FamFG nicht zu beachten.
Rz. 198
Es ist umstritten, ob die Kenntnis eines Erben vom Bestand der Forderung der Anwendung von § 2060 Nr. 1 BGB entgegensteht. Denkbar ist schließlich, dass den Erben Gläubiger bekannt sind, die sich im Aufgebotsverfahren nicht melden. Marotzke hält es für eine unangemessene Gläubigerbenachteiligung, wenn die Kenntnis eines Miterben von einer Forderung eine anteilige Haftung nicht ausschließe. Dies wird von der überwiegenden Mehrheit allerdings abgelehnt. Auch hier würde ein Abstellen auf die subjektive Kenntnis den Umgang mit der Norm erheblich erschweren. Ferner wird so ein Gleichlauf mit dem Aufgebotsverfahren nach § 1973 BGB gewährleistet, bei dem Kenntnis des Erben auch nicht schadet. Auch die ausdrückliche Regelung in § 2061 Abs. 1 BGB spricht gegen die Berücksichtigung der Kenntnis der Erben. Hätte der Gesetzgeber insofern einen Gleichlauf von § 2060 Nr. 1 BGB und § 2061 Abs. 1 BGB gewollt, so hätte er dies deutlich machen müssen.