Rz. 88
Die Anordnung der Nachlassverwaltung erfolgt gem. § 1981 BGB auf Antrag. Möglich ist ein Antrag durch Erben (§ 1981 Abs. 1 BGB), aber auch durch Nachlassgläubiger (§ 1981 Abs. 2 BGB). Antragsberechtigt sind außerdem entsprechend § 317 InsO der Testamentsvollstrecker und gem. § 2383 BGB der Erbschaftskäufer. Der Nachlasspfleger ist nicht antragsberechtigt. Der Nacherbe ist nach Eintritt des Nacherbfalles antragsberechtigt.
(1) Antragsrecht der Erben
Rz. 89
Das Antragsrecht nach § 1981 Abs. 1 BGB steht gem. § 2062 BGB nur allen Miterben gemeinsam zu. Die Nachlassverwaltung ist anzuordnen, wenn sie beantragt wird, § 1981 Abs. 1 BGB. Indirekte Voraussetzung ist noch, dass eine die Kosten deckende Masse vorhanden bzw. eingezahlt worden ist (§ 1981 BGB).
Die Beantragung kann nur bis zur Teilung des Nachlasses erfolgen, § 2062 BGB.
Rz. 90
Es ist umstritten, ob die Beantragung der Nachlassverwaltung noch möglich ist, wenn einer der Erben inzwischen unbeschränkt haftet. Für ein Antragsrecht spricht, dass durch die Nachlassverwaltung die Miterben geschützt werden sollen und nicht die Nachlassgläubiger: Der Schutz der übrigen Miterben ist noch möglich.
Mit der h.M. ist das Antragsrecht abzulehnen, denn gegen das Antragsrecht spricht der deutliche Wortlaut des § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB. Ein allen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkt haftender Erbe kann die Nachlassverwaltung nicht mehr beantragen. Dies ist von den übrigen Mitgliedern der Erbengemeinschaft hinzunehmen. Die unbeschränkte Haftung des Miterben wird in der Regel durch ein Inventarvergehen entstanden sein. Jeder der anderen Erben hätte aber seinerseits ein Inventar errichten können, worauf die anderen Erben gem. § 2004 BGB hätten Bezug nehmen können. Geschieht dies nicht, sind die Konsequenzen von allen zu tragen.
Rz. 91
Ist die Erbenposition be- bzw. umstritten, stellt sich die Frage, ob Erbprätendenten den Antrag auf Nachlassverwaltung stellen dürfen. Soweit ersichtlich, wurde diese Frage noch nicht entschieden. Zur Beantwortung dieser Frage sind jedoch zwei Entscheidungen des BGHs zur Nachlassinsolvenz hilfreich. Nach Annahme der Erbschaft habe der Erbe auch bei laufendem Streit über die Erbenstellung die Pflicht, die Insolvenz zu beantragen – eine Behandlung als bloß "vorläufiger" Erbe gebe das Recht nicht vor. Besteht die Pflicht, beinhaltet diese nach hier vertretener Ansicht auch das Recht, den Antrag zu stellen. Allerdings sieht auch der BGH, dass der Prätendent in der Praxis voraussichtlich Probleme haben wird. Führt man den Gedanken des BGH fort, ist nach hiesigem Verständnis jeder Beteiligte, der das Erbrecht für sich in Anspruch nimmt und die Erbschaft angenommen hat, demnach verpflichtet, den Insolvenzantrag zu stellen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Folgt man der Prämisse, dass man für die Vermögenspositionen, die man für sich in Anspruch nimmt, auch Verantwortung trägt, wäre dies richtig. Folgerichtig müssten dann aber auch alle Erbprätendenten berechtigt sein, einen Antrag auf Einrichtung einer Nachlassverwaltung zu stellen. Hierdurch würden sie sich von der Pflicht befreien, einen Antrag auf Einleitung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu stellen. Diese läge dann gemäß § 1985 Abs. 2 BGB beim Verwalter.
Rz. 92
Ficht der Betroffene hingegen die Versäumung der Ausschlagungsfrist an, steht ihm nach dem BGH für die Nachlassinsolvenz kein Antragsrecht zu – dies ließe sich auch für die Nachlassverwaltung übernehmen. Als Lösungsweg für den von der Haftung mit dem Eigenvermögen bedrohten "Erben" rät der BGH zur Beantragung der Nachlasspflegschaft, um auf diesem Weg entweder den wahren Erben zu finden oder letztlich zu einem Insolvenzverfahren zu gelangen. Für die Nachlassverwaltung wäre dies nicht umsetzbar, da der Pfleger nach überwiegender Auffassung kein Antragsrecht für die Nachlassverwaltung hat. Dies könnte gegen eine Übertragung dieser insolvenzrechtlichen Entscheidung auf die Nachlassverwaltung sprechen – es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte diese Fälle entscheiden.
Rz. 93
Die Rücknahme des Antrags auf Nachlassverwaltung ist gesetzlich nicht geregelt. Nach überwiegender Auffassung ist die Rücknahme entsprechend § 13 InsO bis zur Anordnung der Nachlassverwaltung bzw. deren Ablehnung möglich.