Dr. Konrad Osthold, Désirée Goertz
I. Pflichtteilsberechtigter Miterbe und Miterbe anstelle eines Pflichtteilsberechtigten, § 2319 BGB
Rz. 307
Ist ein Miterbe selbst pflichtteilsberechtigt, so soll ihm nach § 2319 BGB mindestens sein Pflichtteil verbleiben, sofern er mit Forderungen anderer Pflichtteilsberechtigter konfrontiert wird. Er kann die Begleichung von Pflichtteilsforderungen soweit verweigern, dass ihm sein eigener Pflichtteil verbleibt. Da bis zur Teilung § 2059 BGB genügend Schutz bietet, liegt der Anwendungsbereich des § 2319 BGB entsprechend dem Wortlaut zeitlich nach der Teilung des Nachlasses. Dieses Recht besteht unabhängig von der Frage, ob der Erbe beschränkt oder unbeschränkt haftet, und kann auch gegen Ansprüche aus § 426 BGB erhoben werden. Auch § 2319 BGB begrenzt schon die Schuld und wirkt daher wertmäßig und nicht erst gegenständlich auf der Haftungsebene.
Rz. 308
§ 2320 BGB enthält eine Sonderregel für den Fall, dass ein Miterbe Erbe anstelle eines Pflichtteilsberechtigten wird. Dieser Miterbe hat dann die Pflichtteilslast hinsichtlich dieser Person zu tragen, d.h. er zahlt diesen Pflichtteil allein. Die Grenze ist der erlangte Vorteil, d.h. in der Regel der Erbteil. Eine abändernde Verfügung des Erblassers nach § 2324 BGB ist möglich.
Rz. 309
Eine entsprechende Regelung findet sich in § 2328 BGB für den Pflichtteilsergänzungsanspruch.
II. Öffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten
Rz. 310
Der Übergang öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen ist häufig spezialgesetzlich geregelt. Fehlen solche Vorschriften, ist zu überlegen, wie mit diesen Verpflichtungen umzugehen ist.
Rz. 311
Überwiegend wird eine analoge Anwendung der Vorschriften des BGB angenommen.
Rz. 312
Verbindlichkeiten, die höchstpersönlicher Art waren, gehen nicht auf den Erben über. So sind bspw. Geldbußen oder Zwangsgelder in der Regel keine Nachlassverbindlichkeiten. Bestehen andere Geldschulden öffentlich-rechtlicher Art, gehen diese nach allgemeiner Auffassung in der Regel über. Ob aber tatsächlich eine Nachlassverbindlichkeit oder doch eher eine Eigenschuld des Erben vorliegt, muss dennoch geprüft werden.
Auch §§ 1967 ff. BGB mit den Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten sind grundsätzlich anwendbar, wobei spezialgesetzliche Vorschriften vorrangig sind bzw. modifizierend wirken.
III. Steuerverbindlichkeiten des Erblassers
Rz. 313
Nach § 45 Abs. 1 S. 1 AO gehen die Steuerverbindlichkeiten des Erblassers auf dessen Erben über. Damit besteht für diese die Gefahr, für Steuerverbindlichkeiten des Erblassers unbeschränkt mit dem jeweiligen Privatvermögen zu haften. § 45 Abs. 2 S. 1 AO bezieht sich aber auf die Regeln über die Haftung der Erben für Nachlassverbindlichkeiten, womit auch die allgemeinen Haftungsbeschränkungsregeln des bürgerlichen Rechts anwendbar sind.
IV. Gütergemeinschaft
1. Ehegatte einer normalen Gütergemeinschaft ist Erblasser
Rz. 314
Wurde Gütergemeinschaft vereinbart und verstirbt einer der Ehegatten, gehört der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut gem. § 1482 BGB zum Nachlass, sofern keine fortgesetzte Gütergemeinschaft vereinbart wurde. Die Erbfolge richtet sich gem. § 1482 S. 2 BGB nach den allgemeinen Vorschriften. Gleiches gilt für Vorbehalts- und Sondergut, die ebenfalls zum Nachlass gehören.
Nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten entstehen zwei ineinander verzahnte Gesamthandsgemeinschaften. Der Anteil des verstorbenen Ehegatten an der nicht auseinandergesetzten Gütergemeinschaft gehört als Nachlassbestandteil zur Erbengemeinschaft. Die Gütergemeinschaft ist grundsätzlich zunächst nach den Vorgaben der §§ 1471–1481 BGB auseinanderzusetzen, bevor die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt werden kann. Die meisten Verbindlichkeiten werden keine Nachlassverbindlichkeiten sein, da in der Regel Verbindlichkeiten des Gesamtgutes vorliegen – diese sind grundsätzlich keine Nachlassverbindlichkeiten. Werden Gesamtgutsverbindlichkeiten bis zur Teilung desselben nicht beglichen, haften die Erben nach § 1480 BGB. Die Haftung ist nach § 1480 S. 2 BGB beschränkt auf die jeweils zugeteilten "Gegenstände". Die Haftung...