Rz. 53
§ 2058 BGB bestimmt ausdrücklich, dass die gesamtschuldnerische Haftung für gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeiten gilt. Zusätzlich zur Feststellung, ob eine Nachlassverbindlichkeit vorliegt, bedarf es also noch der Prüfung, ob diese auch gemeinschaftlich ist.
1. Begriff
Rz. 54
Mit gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten sind diejenigen Verbindlichkeiten gemeint, für die alle Miterben im Verhältnis zum Nachlassgläubiger haften. Dies sind unter anderem die vom Erblasser herrührenden Schulden (Erblasserschulden). Auch Erbfallschulden können gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeiten sein, bspw. ein Vermächtnis, das alle Erben belastet. Darunter fällt auch die Gebühr eines Testamentsvollstreckers, der nur für einen Miterbenanteil eingesetzt war.
2. Abgrenzung zur Erbteilsschuld
Rz. 55
Keine gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten sind solche, die nur einzelne oder nicht alle Miterben belasten – sog. Erbteilsschulden. Belastet die Erbteilsschuld mehrere Mitglieder der Erbengemeinschaft, kommt eine entsprechende Anwendung des § 2058 BGB bezüglich dieser Gruppe von Erben in Betracht – für diese liegt dann eine gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeit vor. Erforderlich ist, dass alle aus demselben Grund haften.
Beispiel
A, B und C sind Erben zu je ⅓ Anteil aufgrund eines Testaments des Erblassers. In diesem Testament hat er A mit einem Vermächtnis belastet. Er soll aus seinem Erbteil 5.000 EUR an D zahlen. B soll ein Vermächtnis in Höhe von 3.000 EUR an D zahlen.
D muss sich mit seinen Ansprüchen in Höhe von 5.000 EUR an A und in Höhe von 3.000 EUR an B halten. Da es sich um zwei Erbteilsschulden handelt, die nicht in demselben rechtlichen Grund wurzeln, sind A und B nicht Gesamtschuldner nach § 2058 BGB.
Rz. 56
Beispiel – Abwandlung
Situation wie vor. D soll ein Vermächtnis in Höhe von 8.000 EUR erhalten, das A und B belastet.
Hier hat der Erblasser mit einem Vermächtnis zwei Erben beschwert, beide haften aus demselben Grund. Daher ist hier eine entsprechende Anwendung von § 2058 BGB möglich – D kann seine 8.000 EUR von einem der beiden fordern.
Rz. 57
Auch die §§ 2059 ff. BGB können in entsprechender Anwendung gegenüber dem Gläubiger einer Erbteilsschuld geltend gemacht werden. Ist allerdings die Haftung des ganzen Nachlasses Voraussetzung, ist dies nicht möglich. Den Erbteilsschuldgläubigern steht daher in der Regel auch kein Antragsrecht für Nachlassinsolvenz oder -verwaltung zu, der Antrag von Gläubigern nur einzelner Erben würde zu einem Entzug der Verfügungs- und Verwaltungsmacht auch der nichtschuldenden Erben führen. Zudem kann der Gläubiger einer Erbteilsschuld grundsätzlich nicht auf den ungeteilten Nachlass nach § 2059 Abs. 2 BGB zugreifen. Bei einer Verbindlichkeit, die in Übereignung eines konkreten Nachlassgegenstandes besteht, gilt eine Ausnahme: Dann ist die Erfüllung der Verbindlichkeit wegen §§ 2038 ff. BGB nur durch alle Miterben gemeinsam und nur aus dem Nachlass möglich.
Rz. 58
Nicht gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeiten sind zudem in § 2046 Abs. 2 BGB erwähnt. Nach § 2046 Abs. 1 BGB sind im Rahmen der Aufteilung des Nachlasses zunächst die Nachlassverbindlichkeiten zu berichtigen. Sofern die Verbindlichkeit allerdings nur einigen Miterben zu Last fällt, muss die Begleichung nicht aus dem gesamten Nachlass erfolgen, sondern kann grundsätzlich aus dem Teil erfolgen, der den belasteten Miterben zusteht.