Dr. Konrad Osthold, Désirée Goertz
1. Überblick
Rz. 180
§ 2058 BGB gilt auch nach der Annahme der Erbschaft, denn er greift unabhängig von einer evtl. Teilung des Nachlasses. Die Erben haften als Gesamtschuldner. Nach der Teilung ist das Sondervermögen "Nachlass" allerdings aufgelöst (zumindest größtenteils) – als Haftungsmasse bleibt nunmehr in der Regel nur noch das Eigenvermögen der Erben.
Rz. 181
§ 2059 BGB hat nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm Geltung nur für den Zeitraum vor der Teilung. Es besteht also nicht mehr die Möglichkeit, die Haftung auf den Erbteil zu beschränken, jeder Erbe haftet jetzt grundsätzlich mit seinem gesamten Eigenvermögen. Dies ist nach der Konzeption der Erbenhaftung ("Separationsgrundsatz") nur folgerichtig: Durch die Überführung des Nachlasses in das Eigenvermögen der Erben tritt die Vermischung beider Vermögensmassen ein. Für die Gläubiger besteht nun das Problem der Abgrenzung von Nachlassgegenständen und Eigenvermögen sowie die Zugriffsmöglichkeit von Eigengläubigern auf den Nachlass. Jeder Miterbe hat zudem fortan die Möglichkeit, über die ihm im Rahmen der Teilung des Nachlasses zugefallenen Gegenstände frei zu verfügen.
Die Erben tragen nun das volle Haftungsrisiko für Nachlassverbindlichkeiten. Dies ist angemessen, da die Erben die Nachlassverbindlichkeiten aus dem ungeteilten Nachlass hätten befriedigen können, wie es § 2046 BGB vorsieht. Wird der Nachlass dennoch vorher an die Erben verteilt, sollen diese auch voll haften.
Rz. 182
Dass es Fälle gibt, in denen sich die Erbengemeinschaft um die Begleichung aller Verbindlichkeiten bemüht hat und dennoch ein Gläubiger seine Forderungen erst später stellt, hat der Gesetzgeber erkannt. Daher gibt es Ausnahmen vom Grundsatz der Haftung mit dem Eigenvermögen. Diese sind in §§ 2060, 2061 BGB normiert. Sind sie einschlägig, haftet jeder Erbe nur anteilig, d.h. er haftet nur noch für einen seinem Erbteil entsprechenden Bruchteil der Schuld. Diese Ausnahmen erfassen – grob gesagt – die Fälle, in denen die Erben das Notwendige getan haben, um unbekannte Gläubiger aufzufinden und deren Forderungen zu begleichen. Diesen Erben will das Gesetz nicht zumuten, auf unbestimmte Zeit an der Erbengemeinschaft festhalten zu müssen. Außerdem sollen die Erben geschützt werden, bei denen der gesamte Nachlass im Nachlassinsolvenzverfahren zur Begleichung von Forderungen aufgebraucht wurde – würden diese Erben darüber hinaus noch den nicht befriedigten Gläubigern haften, wäre dies für die Erben unbillig. Die Nachlassgläubiger wurden schließlich aus dem Vermögen befriedigt, das ihnen auch zu Lebzeiten ihres eigentlichen Schuldners zustand. Ist dieses Vermögen aufgebraucht, liegt das Risiko der Nichteintreibbarkeit einer Forderung beim Gläubiger. Eine Besserstellung der Gläubiger aufgrund des Todes des Schuldners ist nicht angezeigt.
Rz. 183
Darüber hinaus können die Erben aber weiterhin allgemeine Haftungsbeschränkungsmaßnahmen vornehmen, soweit sie das Recht dazu noch nicht verloren haben.
2. Haftungsbeschränkungen
Rz. 184
Die Teilung des Nachlasses hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Anwendbarkeit der allgemeinen Haftungsbeschränkungsregeln. Die Haftungsbeschränkungen können auch mit der anteiligen Haftung nach §§ 2060, 2061 BGB kombiniert werden.
Insoweit kann also bezüglich der einzelnen Haftungsbeschränkungsmaßnahmen auf Ausführungen zur Situation vor Teilung des Nachlasses verwiesen werden, sofern nicht nachfolgend Abweichendes beschrieben wird.
a) Nachlassverwaltung
Rz. 185
Die Beantragung der Nachlassverwaltung ist nach der Teilung gem. § 2062 BGB nicht mehr möglich. Dieses Recht steht dann auch keinem Gläubiger mehr zu.
b) Dürftigkeitseinrede, Überschwerungseinrede, §§ 1990, 1992 BGB
Rz. 186
Jeder Miterbe kann die Einreden der §§ 1990, 1992 BGB erheben. Der Erbe haftet dann nur mit den Gegenständen oder Vermögenswerten, die er aus dem Nachlass erhalten hat. Wichtig ist dabei, dass nur solche Gegenstände oder Vermögenswerte erfasst sind, die der Erbe im Zuge der Auseinandersetzung erhalten hat, nicht solche, die ihm im Wege der Ausgleichung nach § 2055 BGB zugefallen sind.
c) Nachlassinsolvenz
Rz. 187
Nach der Teilung ist die Antragstellung für das Nachlassinsolvenzverfahren nach § 316 Abs. 2 InsO noch möglich. Gemäß § 317 Abs. 1 InsO kann diesen Antrag auch ein unbeschränkt haftender Erbe stellen. Dies bietet für diesen auch einen gewissen Schutz, denn dann kann der Nachlassgläubiger während der Dauer der Nachlassinsolvenz nicht in das Eigenvermögen der Miterben vollstrecken. Dies ist gem. § 89 InsO erst nach Beendigung des Verfahrens wieder möglich.
d) Haftungsbeschränkung nach § 2319 BGB
Rz. 188
Im Pflichtteilsrecht findet sich eine Haftungsbeschränkung für Miterben, die ausschließlich für die Zeit nach der Teilung des Nachlasses gilt. Begü...