Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
Rz. 4
Möchte ein Mieter seinen nicht am Mietverhältnis beteiligten Partner auf Dauer in die Wohnung aufnehmen, bedarf er hierfür der Erlaubnis des Vermieters (§ 540 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Aufnahme des Lebensgefährten ist auf Dauer angelegt und daher "Überlassung" der Wohnung und nicht nur unselbstständiger, erlaubnisfreier Mitgebrauch z.B. eines Besuchers. Der nichteheliche Partner ist nach ganz h.M. "Dritter" und nicht Familienmitglied, dessen Aufnahme auch ohne Erlaubnis des Vermieters zulässig ist. Auf die Erlaubnis des Vermieters hat der Mieter i.d.R. Anspruch, weil er sein allgemeines Persönlichkeitsrecht entfaltet (Art. 2 Abs. 1 GG). Ist die Aufnahme dem Vermieter z.B. im Hinblick auf die erhöhte Abnutzung nur bei angemessener Mieterhöhung zumutbar, kann er die Erlaubnis hiervon abhängig machen (§ 553 Abs. 2 BGB). Der Vermieter kann zudem die Angabe der Personalien (Name, Geburtsdatum, letzte Anschrift) und des Berufs des Partners verlangen, um prüfen zu können, ob ihm ein Erlaubnisverweigerungsrecht zusteht. Eine Klausel im Wohnungsmietvertrag, die eine Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten verbietet, ist unwirksam (vgl. § 553 Abs. 3 BGB).
Rz. 5
Nimmt ein Partner den anderen in die nur von ihm gemietete Wohnung auf, wird der andere dadurch regelmäßig Mitbesitzer (§ 866 BGB) und nicht (nur) Besitzdiener (§ 855 BGB). Der BGH hat hierzu mit Beschl. v. 19.3.2008 in einem Räumungsverfahren des Vermieters gegen den Lebensgefährten seiner Mieterin allerdings entschieden, dass – anders als bei Ehepaaren – bei einem nichtehelichen Lebensgefährten allein aus der Aufnahme in die Wohnung nicht auf einen Mitbesitz (§ 866 BGB) geschlossen werden könne. Es komme vielmehr auf die tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falls an. Als Anhaltspunkte für die Einräumung des Mitbesitzes (§ 866 BGB) und nicht nur der Rolle als Besitzdiener (§ 855 BGB) hat der BGH die Anzeige des Mieters an den Vermieter von der beabsichtigten oder erfolgten Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten oder seine Anmeldung in der Wohnung nach den jeweiligen landesrechtlichen Meldegesetzen genannt. Der BGH-Beschl. v. 19.3.2008 dürfte freilich den vollstreckungsrechtlichen Besonderheiten geschuldet sein. Dort muss sich der Gerichtsvollzieher im formalisierten Verfahren ohne materiell-rechtliche Prüfung aufgrund nach außen erkennbarer Anhaltspunkte von den Besitzverhältnissen überzeugen können. Materiell-rechtlich dürfte dessen ungeachtet davon auszugehen sein, dass der von seinem Partner in die Wohnung aufgenommene Lebensgefährte regelmäßig Mitbesitzer (§ 866 BGB) und nicht (nur) Besitzdiener (§ 855 BGB) wird. Mit dem Mitbesitz sind nicht unerhebliche Konsequenzen verbunden. Dies gilt sowohl im Außenverhältnis zu einem etwaigen Vermieter als auch im Innenverhältnis der Partner. Im Außenverhältnis zu einem etwaigen Vermieter des die Wohnung mietenden Lebensgefährten ist der nicht als Mietvertragspartei beteiligte Partner bei einer etwaigen vom Vermieter betriebenen Räumung selbst Beteiligter. Zur Durchsetzung der Räumung gegen ihn ist ein Räumungstitel notwendig. Der Mitbesitz an der Wohnung muss nicht vom Vermieter abgeleitet sein. Insbesondere ist für ihn keine Anzeige des Mieters an den Vermieter von der Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten in die Wohnung notwendig.
Rz. 6
Im Innenverhältnis zwischen den Lebensgefährten stellt sich die Frage, ob der Partner, der Mieter ist, den anderen, nicht am Mietvertrag beteiligten Lebensgefährten nach der Trennung aus dem Mitbesitz setzen kann. Ein possessorischer Anspruch besteht nach richtiger Ansicht des OLG Hamm nicht. Ein Räumungsanspruch folgt mithin nicht aus § 861 Abs. 1 BGB. Der andere Partner ist mit Einverständnis des Mieters eingezogen. Er will mithin lediglich den ihm einmal eingeräumten Mitbesitz fortsetzen. Dies ist keine verbotene Eigenmacht i.S.d. § 858 BGB. Zudem findet zwischen Mitbesitzern in ihrem Verhältnis zueinander ein Besitzschutz nicht statt, als es sich um die Grenzen des dem einzelnen zustehenden Gebrauchs handelt (§ 866 BGB). Die Räumungspflicht ergibt sich jedoch auf deliktischer Grundlage. Der Besitz ist – auch gegenüber dem Mitbesitzer – als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB geschützt. Ohne Recht zum Besitz wohnt der andere Partner widerrechtlich und ist nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) zur Besitzaufgabe verpflichtet. Ist nur ein Partner Mieter, hat der andere ihm gegenüber kein Besitzrecht, wenn nicht z.B. ein Untermietvertrag oder Leihvertrag besteht. Die (mit Trennung ohnehin endende) nichteheliche Lebensgemeinschaft verleiht als rein tatsächliches Verhältnis – anders als eine Ehe (§ 1353 BGB) – kein Recht zum Besitz. Ein Untermietvertrag oder ein Leihverhältnis bedarf einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Beteiligten. Hierfür genügt die bloße nichtehelicheLebensgemeinschaft als rein tatsächlicher Vorgang nicht. Besteht kein derartiges Recht zum Besitz, so kann de...