a) Vergütung
Rz. 130
Je nach Ausbildung erhält der Nachlasspfleger bei mittellosem Nachlass eine Stundensatzvergütung aus der Staatskasse, § 1888 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 VBVG.
Als nicht mittellos ist ein Nachlass anzusehen, der – unter Außerbetrachtlassung bestehender Nachlassverbindlichkeiten – über hinreichende Mittel zur Bezahlung einer Vergütung für den Nachlasspfleger verfügt. Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz, wobei die Befriedigung von Nachlassverbindlichkeiten während der Nachlasspflegschaft nicht zur Mittellosigkeit im Rechtssinne führt.
Rz. 131
Bei der Prüfung der Mittellosigkeit ist hinsichtlich des einzusetzenden Vermögens nur das verfügbare Aktivvermögen zu berücksichtigen, die Nachlassverbindlichkeiten bleiben außer Betracht. Die Frage, ob und welche Vermögensgegenstände hierbei zu berücksichtigen sind, beurteilt sich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Gegenstände, die nicht oder jedenfalls nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise und in angemessener Zeit verwertet werden können, bleiben außer Betracht. Gehört zum Aktivvermögen beispielsweise ein Grundstück mit wertübersteigenden dinglich gesicherten Belastungen, dann steht das Grundstück als nicht verfügbarer Aktivposten der Feststellung der Mittellosigkeit nicht entgegen. Gleiches gilt bei Grundstücken, deren zeitnahe Verwertbarkeit aufgrund tatsächlicher Umstände ausgeschlossen ist.
Rz. 132
Weiterhin ist unbeachtlich, ob die vom Nachlasspfleger beanspruchte Vergütung den Nachlass in einer Höhe belastet, die die Erbmasse am Ende beinahe oder gänzlich aufzehrt. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass einem Nachlassgläubiger eine Beschwerdebefugnis gegen die Festsetzung der Vergütung des Nachlasspflegers nicht zusteht. Ebenfalls ist Mittellosigkeit zu verneinen, wenn der zunächst vorhandene Nachlass durch die Befriedigung von Nachlassverbindlichkeiten verbraucht wurde. Zur Verfahrensweise bei teilmittellosem Nachlass vgl. Rdn 210.
Rz. 133
Die Frage der Mittellosigkeit eines Nachlasses ist von Amts wegen aufzuklären. Der Nachlasspfleger muss zur Werthaltigkeit des Nachlasses vortragen und bei der Aufklärung mitwirken, indem er die ihm bekannten Tatsachen mitteilt. Selbst wenn dies nicht geschieht, muss das Nachlassgericht in Betracht kommende Erben über ihre entsprechenden Kenntnisse befragen, Einsicht in amtliche Schuldnerverzeichnisse nehmen und/oder das zuständige Grundbuchamt um Auskünfte zum Vorhandensein von Grundbesitz bitten. Dies gilt insbesondere, wenn die Sichtung des Nachlasses noch bei weitem nicht abgeschlossen ist. Im Zweifel haftet die Staatskasse auf die Vergütung des Nachlasspflegers.
Rz. 134
Erklärt sich der Nachlasspfleger im Verfahren der Festsetzung der Vergütung nicht eindeutig, ob Ansprüche den Nachlass betreffen oder gegen die Staatskasse geltend gemacht werden, rechtfertigt dies für sich nicht die Ablehnung der Festsetzung. Liegen die Voraussetzungen für die Festsetzung der Vergütung gegen den einen Vergütungsschuldner nicht vor, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein stillschweigender Hilfsantrag hinsichtlich des anderen Vergütungsschuldners anzunehmen ist. Im Übrigen kommt auch eine Festsetzung von Amts wegen gegen den anderen Vergütungsschuldner in Betracht.
Rz. 135
Der Nachlasspfleger erhält je nach Ausbildung 23,00 EUR, 29,50 EUR oder 39,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer (§ 3 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 VBVG) sowie Aufwendungsersatz (§ 1877 BGB):
Stufe 1 |
23,00 EUR |
ohne besondere Kenntnisse |
Stufe 2 |
29,50 EUR |
mit besonderen Kenntnissen, die durch eine abgeschlossene Lehre oder vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind |
Stufe 3 |
39,00 EUR |
mit besonderen Kenntnissen, die durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind. |
Rz. 136
Auch bei besonderen Schwierigkeiten des pflegerischen Geschäfts fällt keine höhere Vergütung an, § 3 Abs. 3 S. 2 VBVG.
Praxistipp
Da die Abrechnung nach Stunden erfolgt und die Stundenzahl gegenüber dem Nachlassgericht dargelegt werden muss, sollten für jede Pflegschaft chronologisch die Art der Tätigkeit, der Stundenaufwand und die Auslagen notiert werden.
Rz. 137
Die Beantragung von Abschlagzahlungen auf die Vergütung ist bis zur Höhe der bereits verdienten Beträge möglich (§ 3 Abs. 4 VBVG); dagegen kommt die Festsetzung eines Vorschusses für noch nicht erbrachte Arbeit nicht in Betracht.
Rz. 138
Der Rückgriffsanspruch der Staatskasse gegen die Erben erlischt nach zehn Jahren (§§ 1888 Abs. 1, 1881 BGB). Eine Zahlungspflicht anderer Personen kommt nicht in Betracht, selbst wenn sie (z.B. als Gläubiger des Verstorbenen) die Anordnung der Nachlasspflegschaft beantragt haben, § 1961 BGB.