Rz. 23
Die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts bestimmt sich nach §§ 343 f. FamFG.
Bei Sterbefällen bis zum 16.8.2015 richtete sich nach damaliger Rechtslage die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts nach dem Wohnsitz des Erblassers.
Unter Beachtung der EU-ErbVO richtet sich die örtliche Zuständigkeit für Sterbefälle ab dem 17.8.2015 nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers. Dementsprechend ist gemäß § 343 Abs. 1 FamFG das Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Es ist somit nicht das Nachlassgericht zuständig in dessen Bereich der Erblasser verstarb. In der Praxis erweist sich die Feststellung des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes oft als problematisch. In der EuErbVO findet sich keinerlei Definition des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Verstorbenen, weder in Art. 21 noch in Art. 4. Die Erwägungsgründe 23 und 24 geben Auslegungshilfen. Der letzte gewöhnliche Aufenthalt ist vertragsautonom zu bestimmen, auch im Rahmen des § 343 Abs. 1 FamFG.
Rz. 24
Hatte der Erblasser zur Zeit des Erbfalls keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist gem. § 343 Abs. 2 FamFG das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte.
Rz. 25
Ist eine Zuständigkeit nach den Absätzen 1 und 2 nicht gegeben, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig, wenn der Erblasser Deutscher ist oder sich Nachlassgegenstände im Inland befinden. Das Amtsgericht Schöneberg in Berlin kann die Sache aus wichtigem Grund an ein anderes Nachlassgericht verweisen. Die Abgabeverfügung ist für dieses Gericht bindend.
Neben dem Nachlassgericht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsortes kann für eine Maßnahme der Nachlasssicherung auch ein weiteres Amtsgericht zuständig sein, wenn sich in seinem Bezirk ein zu sichernder Nachlassgegenstand befindet. Gemäß § 344 Abs. 4 FamFG ist jedes Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Sicherung besteht; auch soll das Amtsgericht, das Sicherungsmaßnahmen trifft, gem. § 356 Abs. 2 FamFG dem nach § 343 Abs. 1 FamFG zuständigen Gericht Mitteilung machen.
Rz. 26
Die örtliche Zuständigkeit des deutschen Nachlassgerichts kann auch für Auslandsvermögen gelten: Die Einschränkung auf im Inland belegene Gegenstände fällt gem. § 105 FamFG weg, wenn von der örtlichen Zuständigkeit eine internationale Zuständigkeit abgeleitet werden kann. Damit wird der sog. Gleichlauftheorie, wonach die deutschen Gerichte für Nachlasssachen nur bei Anwendung deutschen Sachenrechts zuständig sein sollen, eine Absage erteilt. Daraus folgt, dass deutsche Gerichte unter Anwendung des deutschen Rechts der Nachlasssicherung materiell ausländisches Recht anwenden müssen.
Rz. 27
Das Nachlassgericht wird von sich aus tätig oder auf Antrag. Das Nachlassgericht hat von Amts wegen für die Sicherung des inländischen Nachlasses zu sorgen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht. Bei der beantragten Nachlasspflegschaft hat das Nachlassgericht dieselbe Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen wie bei der Anordnung von Amts wegen.
Rz. 28
Die Nachlasspflegschaft bezweckt die Ermittlung unbekannter Erben sowie die Sicherung, Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses. Sie bezieht sich nur auf inländisches Vermögen von Inländern oder Ausländern. Wenn ein zuverlässiger Bevollmächtigter vom Erblasser vorgesehen wurde, kann das Bedürfnis für die Nachlasspflegschaft entfallen.