I. Aufgaben des Nachlasspflegers
Rz. 49
Der Nachlasspfleger vertritt die noch unbekannten endgültigen Erben im Rahmen des vom Nachlassgericht angeordneten Aufgabenkreises. Es ist also darauf zu achten, ob nur die Sicherung des Nachlasses und dessen Verwaltung zum Aufgabenkreis zählen oder auch die Ermittlung der Erben.
Rz. 50
Entsprechend vielgestaltig können die wahrzunehmenden Tätigkeiten ausfallen:
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Inbesitznahme des Nachlasses |
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Erstellung eines Nachlassverzeichnisses und einer Bestandsübersicht |
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jährliche Rechnungslegung über die Verwaltung bei Gericht |
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Wohnungsauflösung |
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Kündigung von Dauerschuldverhältnissen, z.B. Miete |
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Hausverwaltung |
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Ermittlung und Verwaltung von Konten, wobei die Pflichten der §§ 1838 ff. BGB gelten |
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Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft, wenn der Erblasser an einer solchen beteiligt war |
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Ermittlung von Erben, soweit dies angeordnet ist |
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Bestellung eines Gläubigeraufgebots gem. § 991 ZPO |
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Erledigung von Steuerangelegenheiten des Erblassers |
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Vertretung und Prozessführung |
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Schlussrechnung (§ 1872 BGB) und Auskehrung des Nachlasses an die Erben. |
Rz. 51
Hinweis
Sobald die Erben feststehen und diese die Erbschaft angenommen haben, ist der Grund für die Anordnung entfallen, so dass das Nachlassgericht die Pflegschaft aufzuheben hat, § 1886 Abs. 2 BGB.
II. Nachlasssicherung
1. Allgemeines
Rz. 52
Erste Handlung des Nachlasspflegers muss sein, den Nachlass zu sichern und den Bestand aufzunehmen. Der Pfleger hat also den Nachlass zu verzeichnen und das Verzeichnis dem Nachlassgericht einzureichen (§§ 1885, 1888 Abs. 1, 1835 BGB). Nach dem Gesetzeswortlaut ist das Verzeichnis nach dem Stand bei seiner Bestellung einzureichen. Dennoch erscheint es oft praxisgerecht, das Verzeichnis nach dem Stand zum Todestag zu erstellen.
Es gibt diverse Informationsquellen, die der Nachlasspfleger unverzüglich nutzen sollte, um einen Überblick über den Nachlass zu erhalten:
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Nachlassakte (Anfertigung von Kopien) |
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Grundbuch (zur Abklärung, ob der Erblasser Eigentümer von Grundbesitz war) |
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Handelsregister (bei Hinweisen auf eine entsprechende Tätigkeit oder Beteiligung des Erblassers an einer Gesellschaft) |
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Betreuungsakte (sofern für den Erblasser vor seinem Tod ein gerichtliches Betreuungsverfahren geführt worden ist) |
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Betreuer/Bevollmächtigter |
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Insolvenzakte/Schuldnerverzeichnis (bei Hinweisen auf umfangreiche Nachlassverbindlichkeiten) |
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Vermieter |
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Nachbarn |
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Verwandte |
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Polizei |
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Ordnungsamt |
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Pflegeheim |
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Krankenhaus |
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Bestatter |
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Finanzamt |
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Steuerberater |
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Arbeitgeber |
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Banken. |
2. Muster: Auskunftsanforderung beim ehemaligen Betreuer
Rz. 53
Bereits im Rahmen des Verpflichtungstermins beim Nachlassgericht sollte der Nachlasspfleger klären, ob der Erblasser vor seinem Tode unter gesetzlicher Betreuung stand, §§ 1814 ff. BGB.
Das Betreueramt erlischt mit dem Tod. Daher hat der bisherige Betreuer, sobald die betreute Person verstorben ist, grundsätzlich keinerlei Pflichten und keine Rechte mehr diesbezüglich, insbesondere kein Recht mehr, über die Konten des Verstorbenen zu verfügen. Nach Eintritt des Todes des Betreuten entfällt die Berechtigung und die Verpflichtung des Betreuers, das Vermögen des Betreuten zu verwalten, Verfügungen zu treffen und die Erben belastende Rechtsgeschäfte abzuschließen.
Durch den Tod des Betreuten endet das Betreuungsverhältnis ohne einen gerichtlichen Aufhebungsbeschluss, § 1870 BGB. Alle Rechte und Pflichten des Betreuten stehen nunmehr dem Erben oder der Erbengemeinschaft zu.
Soweit zum Wirkungskreis des Betreuers auch die Regelung von Vermögensangelegenheiten des Erblassers gehört hat, erstattet der Betreuer gegenüber dem Betreuungsgericht einen Schlussbericht und die Schlussrechnungslegung mit Vermögensverzeichnis zum Todestag. Dies ist Anknüpfungspunkt für das Nachlassverzeichnis und die Rechnungslegung des Nachlasspflegers. Im Anschluss an die Bestellung zum Nachlasspfleger sollte Einsicht in die Betreuungsakte genommen und die notwendigen Unterlagen kopiert werden. Sofern der ehemalige Betreuer des Erblassers die Unterlagen beim Betreuungsgericht noch nicht eingereicht hat, sind diese beim Betreuer anzufordern. Dem Nachlasspfleger obliegt auch die Prüfung von Schadensersatzansprüchen nach § 1826 BGB gegen den Betreuer, wenn durch dessen pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten in seinem Aufgabenkreis ein Schaden entstanden ist. Typische Fehlerquellen des Betreuers lieg...