Rz. 140
Der Vergütungsanspruch des Nachlasspflegers entsteht dem Grunde nach kraft Gesetzes unmittelbar mit der Ausübung jeder einzelnen vergütungspflichtigen Tätigkeit, die im Vertrauen auf die erfolgte Bestellung entfaltet wurde (§ 1888 Abs. 2 S. 1 BGB, § 3 Abs. 1 VBVG), also quasi tageweise.
Da für die Bestellung nach neuem Recht keine Verpflichtung mehr notwendig ist, sind sämtliche nach Zugang des Bestellungsbeschlusses ausgeführte Tätigkeiten vergütungsfähig.
Rz. 141
Nach § 1888 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 2 Abs. 2 VBVG erlöschen Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche, wenn sie nicht binnen 15 Monaten ab der Entstehung beim Nachlassgericht geltend gemacht werden. Diese Ausschlussfrist findet nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung und ganz herrschender Meinung in der Literatur auch Anwendung auf die Nachlasspflegervergütung. Gewahrt wird die Ausschlussfrist nur durch Einreichung eines Vergütungsantrages, der es dem Nachlassgericht ermöglicht, die zutreffende Vergütungshöhe zu prüfen und festzustellen. Die Frist ist von Amts wegen zu beachten und im Falle ihrer Versäumung einer Wiedereinsetzung nicht zugänglich. Im Einzelfall kann einer Verfristung jedoch § 242 BGB entgegengehalten werden.
Rz. 142
Die Berechnung der Frist erfolgt gem. §§ 188 Abs. 1 Hs. 1, 187 Abs. 1 BGB.
Praxisbeispiel
Der Nachlasspfleger hat am 15.3.2023 vier Stunden für den Nachlass gearbeitet. In diesem Zusammenhang ist er 20 km mit dem Pkw gefahren. Spätestens am 15.6.2024 müssen diese vier Stunden und die angefallenen Fahrtkosten gegenüber dem Nachlassgericht abgerechnet werden, anderenfalls sind die Ansprüche erloschen.
Rz. 143
Das Nachlassgericht kann auf Antrag des Nachlasspflegers die Ausschlussfrist verlängern, § 2 Abs. 2 S. 2 VBVG i.V.m. § 1877 Abs. 5 BGB. Der Fristverlängerungsantrag, der keinen Formvorschriften unterliegt, muss vor Fristablauf beim Nachlassgericht eingehen. Ob das Nachlassgericht Fristverlängerung auch ohne jeweiligen konkreten Antrag, sondern pauschal für alle zukünftigen Pflegschaften eines Nachlasspflegers bei dem Gericht gewähren kann, ist umstritten.
Rz. 144
Praxistipp
Der Nachlasspfleger sollte schon bei seinem Antrittsbericht vorsorglich den Antrag stellen, eine abweichende Frist zur Einreichung des Vergütungsantrages zu bestimmen (z.B. "bis 3 Monate nach Aufhebung der Pflegschaft").
Des Weiteren sollte der Nachlasspfleger mit dem Nachlassgericht abstimmen, ob nicht grundsätzlich neben der Feststellung der berufsmäßigen Führung der Nachlasspflegschaft eine abweichende Frist (beispielsweise 3 Monate nach Aufhebung der Pflegschaft) in den Anordnungsbeschluss aufgenommen werden kann.
Rz. 145
Muster 6.31: Antrag auf Verlängerung der Vergütungsausschlussfrist
Muster 6.31: Antrag auf Verlängerung der Vergütungsausschlussfrist
Muster: Antrag auf Verlängerung der Vergütungsausschlussfrist
Sehr geehrte Damen und Herren,
in der vorbezeichneten Sache beantrage ich, entsprechend § 1888 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 2 VBVG i.V.m. § 1877 Abs. 5 BGB, die Frist zur Geltendmachung der Aufwendungsersatz- und Vergütungsansprüche bis drei Monate nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft zu bestimmen.
Begründung:
Wie bereits geschildert, ist eine Erbenermittlung in der dritten oder einer ferneren Erbordnung durchzuführen. Solche Erbenermittlungen können aller Erfahrung nach in dem verbleibenden Zeitraum der Ausschlussfrist des § 2 Abs. 2 S. 2 VBVG nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Ausweislich des Nachlassverzeichnisses verfügt der Nachlass über ausreichende Mittel, die die Kosten der Nachlasspflegschaft decken werden. Eine wiederkehrende Festsetzung der Nachlasspflegervergütung kann insoweit unterbleiben, da sich diese wegen der anfallenden Kosten für die Verfahrenspflegschaft auch nachteilig für den Nachlass auswirkt.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)