Rz. 1

Die Höhe der Entgeltfortzahlung des Hauptarbeitgebers nach dem EFZG wird durch eine (abhängige und selbstständige) Nebentätigkeit nicht beeinflusst.[1] Die Fortzahlung richtet sich allein am aus der Haupttätigkeit geschuldeten Entgelt aus.

 

Rz. 2

Ansprüche auf Fortzahlung der Bezüge aus der Hauptbeschäftigung sind nur dann ausgeschlossen, wenn den Arbeitnehmer an der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ein Verschulden trifft. Andere Einschränkungen als den Ausschluss bei Verschulden kennt das Gesetz nicht (siehe § 5 Rn 229 ff.).

 

Rz. 3

Der Anspruch auf Lohnfortzahlung setzt Arbeitsunfähigkeit (siehe dazu § 5 Rn 216 ff.) voraus, ohne dass es nach der gesetzlichen Regelung – von wenigen Ausnahmen abgesehen – von Belang ist, wann und bei welcher Gelegenheit sich ein Arbeitnehmer eine Krankheit zuzieht oder einen Unfall erleidet. Es ist also unerheblich, ob sich der Arbeitnehmer in seinem Hauptberuf, in der Freizeit, im Urlaub oder bei einer Nebentätigkeit (gleich ob in einem zweiten Arbeitsverhältnis oder als selbstständiger Unternehmer) verletzt oder sich eine allgemeine Erkrankung (z.B. Erkältung) zuzieht.[2]

 

Rz. 4

Ereignet sich der Unfall bei einer nicht genehmigten Nebentätigkeit des Arbeitnehmers, verliert der Verletzte den Fortzahlungsanspruch gegenüber seinem (Haupt)Arbeitgeber dann nicht, wenn dieser die Nebentätigkeit hätte genehmigen müssen (ergänzend siehe Rn 22 ff.).[3] Der Nebenarbeitgeber ist (neben dem Hauptarbeitgeber) zur zusätzlichen Lohnfortzahlung verpflichtet.

 

Rz. 5

Im Einzelfall kann die Geltendmachung von Fortzahlungsansprüchen gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen, etwa bei verbotener oder vertragswidrig ausgeübter Nebentätigkeit, aber u.U. auch bei gefährlicher oder übermäßig kräfteraubender Beschäftigung.[4] Rechtsmissbrauch kann der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aber nur im Einzelfall entgegenhalten und nicht von vornherein durch generelle (einzel- oder tarifvertragliche) Regelung ausschließen.[5]

[1] BAG v. 21.4.1982 – 5 AZR 1019/79 – BAGE 38, 309 = BB 1982, 1424 = DB 1982, 1729 = NJW 1983, 2900.
[2] BAG v. 19.10.1983 – 5 AZR 195/81 – BAGE 43, 348 = NJW 1984, 1706; BAG v. 7.11.1975 – 5 AZR 459/74 – BB 1976, 228 = DB 1976, 396 = NJW 1976, 823 = VersR 1976, 1189.
[3] BAG v. 19.10.1983 – 5 AZR 195/81 – BAGE 43, 348 = NJW 1984, 1706; LAG Hamm v. 8.2.2006 – 18 Sa 1083/05 – EEK 3223 = NZA-RR 2006, 406 (nachgehend BAG v. 18.7.2007 – 5 AZR 697/06 –); Lohnfortzahlungsanspruch gilt auch dann, wenn Arbeitgeber des Hauptarbeitsverhältnisses die Nebentätigkeit nicht genehmigt hat. Für Unfälle bei Nebentätigkeiten, die zur Arbeitsunfähigkeit führen, gelten für den Lohnfortzahlungsanspruch grundsätzlich dieselben Regeln wie für sonstige Arbeitsunfälle, d.h. es kommt allein darauf an, ob ein leichtfertiges oder grob fahrlässiges Verhalten zu bejahen ist. Etwas anderes gilt nur, wenn die Nebentätigkeit besonders gefährlich oder für den Arbeitnehmer zu schwierig war.
[4] BAG v. 21.4.1982 – 5 AZR 1019/79 – BAGE 38, 309 = BB 1982, 1424 = DB 1982, 1729 = NJW 1983, 2900 (Deutlicher Verstoß gegen Arbeitszeitordnung). Geigel-Pardey, Kap. 9 Rn 27.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?