Vicki Irene Commer, Andre Naumann
Rz. 635
In Personenversicherungen ist die Mitwirkung von VN und Versichertem unerlässlich. Daher sind manche Mitwirkungshandlungen als Obliegenheit ausgestaltet, die bei Nichtbeachtung zu einer eigenständigen Sanktion führen können. Vorrangig ist aber zu beachten, dass bei fehlender Mitwirkung der Leistungsanspruch vielfach gar nicht erst entsteht bzw. fällig wird.
Rz. 636
Hinweis
Ob eine Obliegenheitsverletzung als solche sanktioniert werden kann, hängt bei vor dem 1.1.2008 abgeschlossenen Verträgen davon ab, ob der VR den Vertrag wirksam umgestellt hat.
Rz. 637
Nach § 7 Abs. 1 Muster-BU muss der VN Folgendes auf seine Kosten vorlegen:
a) |
ein Zeugnis über den Tag der Geburt der versicherten Person |
b) |
eine Darstellung der Ursache für den Eintritt der Berufsunfähigkeit; |
c) |
ausführliche Berichte der Ärzte, die die versicherte Person gegenwärtig behandeln, bzw. behandelt oder untersucht haben, über Ursache, Beginn, Art, Verlauf und voraussichtliche Dauer des Leidens der versicherten Person sowie über den Grad der Berufsunfähigkeit oder über die Pflegestufe; |
d) |
eine Beschreibung des zuletzt ausgeübten Berufs der versicherten Person, deren Stellung und Tätigkeit im Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit sowie über danach eingetretene Veränderungen; |
e) |
Angaben über Einkommen aus beruflicher Tätigkeit; |
f) |
bei Berufsunfähigkeit infolge Pflegebedürftigkeit zusätzlich eine Bescheinigung der Person oder der Einrichtung, die mit der Pflege betraut ist, über Art und Umfang der Pflege; |
g) |
eine Aufstellung
aa) |
der Ärzte, Krankenhäuser, Krankenanstalten, Pflegeeinrichtungen oder Pflegepersonen, bei denen die versicherte Person in Behandlung war, ist oder – sofern bekannt – sein wird, |
bb) |
der Versicherungsgesellschaften, Sozialversicherungsträger oder sonstiger Versorgungsträger, bei denen die versicherte Person ebenfalls Leistungen wegen Berufsunfähigkeit geltend machen könnte, |
cc) |
über den derzeitigen Arbeitgeber und frühere Arbeitgeber der versicherten Person. |
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Rz. 638
Diese Angaben sind mit Ausnahme des Buchstaben "e) Angaben über Einkommen aus beruflicher Tätigkeit" relevant für die Leistungsprüfung und Entscheidung des VR. Ein Verstoß gegen die Auskunftspflichten wirkt sich somit bereits auf der Fälligkeitsebene aus. Einer Sanktion im Sinne einer Obliegenheitsverletzung bedarf es daher eigentlich für diese Auskunftsobliegenheiten nicht.
Rz. 639
In älteren Bedingungswerken wurden auch weitere Obliegenheiten festgeschrieben. Die Obliegenheit der Befolgung von ärztlichen Anordnungen ist neben praktischen Beweisproblemen insgesamt fragwürdig, sie steht den Persönlichkeitsrechten der VP entgegen. Solche Obliegenheitsvereinbarungen sollten sehr kritisch geprüft werden.
Rz. 640
Im Rahmen der Nachprüfung ist der VN verpflichtet, sachdienliche Auskünfte zu erteilen oder zu ermöglichen und sich einmal jährlich durch vom VR beauftragte Ärzte umfassend untersuchen zu lassen, § 9 Abs. 2 Muster-BU.
Der sachliche Umfang der Mitwirkungsobliegenheit im Nachprüfungsverfahren unterscheidet sich grundsätzlich nicht von den Mitwirkungsobliegenheiten bei der Erstentscheidung. Seine Grenzen bilden die Erforderlichkeit und Zumutbarkeit der Informationsbeschaffung.
Auch für den Fall der Verletzung einer Mitwirkungspflicht im Nachprüfungsverfahren sehen die Bedingungen Leistungsfreiheit vor, § 10 Muster-BU, zeitlich begrenzt bis zu einer späteren Erfüllung der Obliegenheit.