§ 6 Personenversicherung / III. Gerichtliches Mandat | Deutsches Anwalt Office Premium | Recht

Vicki Irene Commer, Andre Naumann

1. Allgemeines

Rz. 661

Im gerichtlichen Verfahren sind die außergerichtlich bereits erforderlichen Fragestellungen zum Vertrag, zum Schadenfall und zur Anspruchslage vorab zu prüfen. Üblicherweise hat sich der VR bereits positioniert, bevor ein Anwalt aufgesucht wird. Die entsprechenden Begründungen des VR sind genau zu prüfen. Ggf. müssen weitere Nachweise beigebracht werden. Ein besonderes Augenmerk sollte auf der Tätigkeitsbeschreibung liegen. Wichtig ist es, neben der reinen Darstellung der Einzeltätigkeiten auch die konkreten Auswirkungen der Gesundheitsbeeinträchtigung auf die einzelnen Tätigkeiten herauszuarbeiten.

Rz. 662

Hinweis

In der Berufsunfähigkeitsversicherung sind die Anforderungen an die Darlegungslast des Versicherten in medizinischer und berufskundlicher Hinsicht sehr hoch. Medizinisch wird der behandelnde Arzt Auskünfte erteilen, für das konkrete Berufsbild findet man auch im Internet Anhaltspunkte, z.B. unter www.berufskunde.com.

Rz. 663

Der Streitwert hängt von der konkreten Konstellation des Klagebegehrens ab. Für den eingeforderten (rückständige Renten plus Beitragsrückforderung) Betrag des Leistungsantrags richtet sich der Wert des bezifferten Antrags nach dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit. Spätere Erweiterungen sind streitwertneutral.^{^[363]} Für die zukünftigen Leistungen wird der 3,5-fache Jahressatz (42 Monate) zusätzlich angesetzt, §§ 3, 9 ZPO. Das gilt für die zukünftigen Renten^{^[364]} und die Beitragsbefreiungen.^{^[365]}

Bei Feststellungsklagen sind Abschläge zu berücksichtigen.^{^[366]}

Rz. 664

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Muster 6.88: Berechnung Streitwert BU

Für die häufigen Fälle der Klageforderung von rückständigen Renten

	Monatliche Summe	3,5 Jahre = 42 Monate
Rückständige Renten			_________________________ EUR
Zuviel gezahlte Beiträge			_________________________ EUR
Rente	_________________________ EUR	× 42	_________________________ EUR
Beitrag	_________________________ EUR	× 42	_________________________ EUR
Streitwert			_________________________ EUR

Rz. 665

Die Klageanträge in der Berufsunfähigkeitsversicherung sollten sinnvollerweise jeweils als einzelne Punkte vorgetragen werden und nicht miteinander kombiniert werden. Damit werden zwar mehrere Anträge gestellt, es ist aber in der Regel dadurch zielsicherer, alle Ansprüche zu berücksichtigen. Es ist wie eine Art Checkliste möglicher Ansprüche.

▪	Rückständige Renten
▪	zukünftige Renten
▪	Beitragsbefreiung für die Vergangenheit – Rückerstattung bereits gezahlter Beiträge
▪	Beitragsbefreiung für die Vergangenheit – Beiträge wurden nicht gezahlt
▪	Beitragsbefreiung für die Zukunft
▪	Streit um das Fortbestehen des Vertrags
▪	Forderung der Überschussbeteiligung nach § 3

Die konkret erforderlichen Anträge sollten aufeinander abgestimmt werden.^{^[367]}

[363] BGH v. 8.7.2020 – IV ZR 7/20, BeckRS 2020, 18311.

[364] BGH v. 6.10.2011 – IV ZR 183/10, r+s 2012, 104.

[365] BGH v. 8.7.2020 – IV ZR 7/20, BeckRS 2020, 18311.

[366] Ausführlich Veith/Gräfe/Lange/Rogler/Rogler, § 9 Rn 28 ff. m.w.N.

[367] Einordnung von Klageanträgen, Beispiele und Muster vgl. Ernst/Rogler/Ernst, Stichwort-ABC – Klageanträge.

2. Musterklage

a) Ausgangsfall

Rz. 666

Ein Stuckateur kann seine Tätigkeit wegen zunehmender Rückenbeschwerden nicht mehr ausüben. Medizinisch sind Lumbalsyndrome, ein Bandscheibenvorfall und eine Spondylarthrose belegt. Der VR sieht keine Beeinträchtigung zu 50 %. Es geht um die monatliche Rentenzahlung und die Beitragsbefreiung. Der Fall geht von keiner vereinbarten Verweisungsmöglichkeit aus.

b) Einordnung und Hinweise

Rz. 667

Der Fall stellt auf eine Klage um die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente sowie um die Beitragsbefreiung ab. Erforderlich sind hier die entsprechenden Klageanträge sowohl auf Zahlung der in der Vergangenheit nicht erbrachten Zahlungen, als auch Anträge für die zukünftigen Zahlungen und Beitragsfreistellungen.

Grundsätzlich zu beachten ist, dass die konkrete Tätigkeit beeinträchtigt sein muss. Das abstrakte Berufsbild reicht zur Darlegung der Berufsunfähigkeit nicht aus. Die medizinischen Befunde müssen objektiv belegt sein.

Rz. 668

Hinweis

In der Musterklage kommt es auf die ausführliche Darstellung des Berufsbilds nicht an. Dies kann bedeutsam werden, wenn eine Verweisung vereinbart ist und der Versicherte auch zu Verweisungsmöglichkeiten etwas darlegen muss. Ansonsten bietet es sich an, hier zunächst auf eine ausführliche allgemeine Darstellung zu verzichten und das Gericht um einen Hinweis zu bitten, falls es diesen Aspekt doch für entscheidungsrelevant hält.