Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 72
Bei der Beauftragung des Gerichtsvollziehers ist diesem nach § 754 ZPO die vollstreckbare Ausfertigung (siehe § 2) des Vollstreckungstitels zu übergeben. Die Übergabe der Ausfertigung des Titels genügt, wenn er keiner Klausel nach § 724 ZPO bedarf.
Rz. 73
§ 754a ZPO soll die in § 753 Abs. 3 S. 2 ZPO vorgesehene elektronische Einreichung von Anträgen erleichtern. Für Vollstreckungsaufträge an den Gerichtsvollzieher auf der Grundlage von Vollstreckungsbescheiden ist die Übermittlung von deren Ausfertigung in bestimmten Fällen entbehrlich. § 754a ZPO findet keine Anwendung, wenn sich der Gläubiger durch einen Inkassodienstleister vertreten lässt, und auch nicht auf den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls nach § 802g Abs. 1 S. 1 ZPO. Im Fall eines elektronisch eingereichten Auftrags zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, der einer Vollstreckungsklausel nicht bedarf, ist bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen danach die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides entbehrlich, wenn
1. |
die sich aus dem Vollstreckungsbescheid ergebende fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderungen und Kosten nicht mehr als 5.000,00 EUR beträgt; Kosten der Zwangsvollstreckung sind bei der Berechnung der Forderungshöhe nur zu berücksichtigen, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrags sind; |
2. |
die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides nicht vorgeschrieben ist; |
3. |
der Gläubiger dem Auftrag eine Abschrift des Vollstreckungsbescheides nebst Zustellungsbescheinigung als elektronisches Dokument beifügt und |
4. |
der Gläubiger versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch besteht. |
Sollen Kosten der Zwangsvollstreckung vollstreckt werden, sind dem Auftrag zusätzlich zu den vorgenannten Dokumenten eine nachprüfbare Aufstellung der Kosten und entsprechende Belege als elektronisches Dokument, d.h. als gesonderte Datei beizufügen. Das vereinfachte Verfahren ist nur anwendbar auf Vollstreckungsbescheide, die einer Vollstreckungsklausel nicht bedürfen, mithin nicht bei einer Titelumschreibung oder bei der Erteilung einer weiteren Ausfertigung nach § 733 ZPO.
Rz. 74
Hat der Gerichtsvollzieher Zweifel an dem Vorliegen einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides oder der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sind, bietet § 754a Abs. 2 ZPO zusätzlichen Schuldnerschutz. Der Gerichtsvollzieher kann dann auch beim vereinfachten Auftrag vom Gläubiger eine schriftliche Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und den Nachweis der übrigen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen verlangen. Solche Zweifel können sich z.B. aus der Unleserlichkeit der elektronisch übermittelten Ausfertigung oder aus Abweichungen zwischen dieser und dem Auftrag, z.B. hinsichtlich des Forderungsbetrages, ergeben.
Rz. 75
Dem Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher muss eine Forderungsaufstellung beigefügt sein, aus der die Vollstreckungsforderung entsprechend der Verrechnungsvorschrift in §§ 366, 367 BGB nach Hauptforderung, Kosten, Zinsen zur Hauptforderung, Prozesskosten, und den Zinsen zu den Prozesskosten aufgeführt sind. Gleichzeitig müssen bereits erfolgte Teilzahlungen in der Forderungsaufstellung enthalten und entsprechend verrechnet sein. Das Erfordernis einer Forderungsaufstellung für Vollstreckungsaufträge an den Gerichtsvollzieher zur Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen ergibt sich unmittelbar aus § 2 Abs. 2 ZVFV. Zwingender Bestandteil des Vollstreckungsauftrags an den Gerichtsvollzieher nach Anlage 1 ZVFV im Rahmen der Nutzungspflicht, d.h. bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen, ist daher die Beifügung zumindest einer "Aufstellung von Forderungen für Vollstreckungsaufträge an Gerichtsvollzieher" nach Anlage 6 ZVFV.
Rz. 76
Keine Pflicht zur Beifügung der Forderungsaufstellung nach Anlage 6 ZVFV besteht im Kontext zum obligatorischen Einsatz des Formulars nach Anlage 1 der ZVFV, d.h. außerhalb der Nutzungspflicht. Dies ist bei der isolierten Beauftragung von Räumungs- oder Herausgabeverlangen der Fall. Auch hier wird allerdings teilweise die Beifügung der Forderungsaufstellung verlangt, wenn neben der Herausgabe und/oder Räumung zugleich auch die Kosten der bisherigen und der nun beauftragten Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO im Wege der Zwangsvollstreckung eingezogen werden sollen. Insoweit werde eine Geldforderung (Kosten) vollstreckt, was die Nutzungspflicht nach § 2 ZVFV begründe. Dies überzeugt allerdings nicht, weil bei jeder Vollstreckungsmaßnahme, auch wenn sie nicht von § 2 ZVFV erfasst wird, Kosten anfallen, die nach § 788 ZPO mit beizutreiben sind, was in der Konsequenz dazu führen würde, dass jeder Vollstreckungsauftrag der Nutzungspflicht unterliegen würde. Das widerspricht nicht nur dem die Nutzungspflicht beschränkenden § 2 ZVFV, sondern auch der Ermächtigungsgrun...