Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 1
Obwohl noch immer vielfach beauftragt, ist die Sachpfändung durch den Gerichtsvollzieher ohne jede praktische Bedeutung im Hinblick auf die Erzielung von Vollstreckungserfolgen. Nur in rund 0,1 % aller beauftragten Sachpfändungen kommt es tatsächlich zum Zugriff auf im Gewahrsam des Schuldners befindliche körperliche Sachen, § 808 ZPO und deren Verwertung nach §§ 814 ff. ZPO. Der Erfolg der Gerichtsvollzieher beschränkt sich vielmehr weitgehend auf die Erzielung einer gütliche Erledigung nach § 802b ZPO, die vor diesem Hintergrund allerdings auch isoliert beauftragt werden kann (Modul G). Auch in der Informationsbeschaffung über die Vermögensauskunft oder die Einholung Auskünfte Dritter nach §§ 802c, 802d und 802l ZPO zeigt der motivierte Gerichtsvollzieher seinen Wert. Sinn machen kann die Sachpfändung unter dem Aspekt der Vollstreckungstaktik auch dann, wenn sie eine Reaktion des Schuldners provoziert, um über die "angeregte" Kommunikation zu einer Zahlungsvereinbarung zu kommen. Dies ist meist dann der Fall, wenn in die Sachpfändung Dritte einbezogen werden, d.h. sie am Arbeitsort oder bei einer tatsächlich nahestehenden Person (Lebensgefährte) beauftragt wird. Nicht selten drängt dann der Dritte darauf, dass der Schuldner "sich kümmert".
Rz. 2
Die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher nach §§ 808 ff. ZPO umfasst grundsätzlich alle beweglichen Gegenstände, die sich im Gewahrsam des Schuldners befinden, soweit diese nicht kraft Gesetzes der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zugeordnet wurden. Man spricht hier von der Mobiliarzwangsvollstreckung in Form der Fahrnisvollstreckung oder der Sachpfändung im Gegensatz zur ebenfalls der Mobiliarzwangsvollstreckung zuzurechnenden Forderungsvollstreckung.
Rz. 3
Die nachfolgenden Ausführungen sollen in Abschnitt B. (Rdn 27) zunächst die rechtlichen Grundlagen für die Beauftragung des Gerichtsvollziehers im Allgemeinen und in besonderen Situationen – teilweise anknüpfend an die Ausführungen in § 2 zum allgemeinen Vollstreckungsrecht – aufarbeiten und sodann das Pfändungsverfahren erläutern, soweit dieses für den Gläubiger bzw. Schuldner und ihre Rechtsdienstleister, d.h. den Rechtsanwalt, das Inkassounternehmen oder eine sonst mit dem Forderungseinzug betraute Person als Bevollmächtigten des Gläubigers oder des Schuldners von Interesse ist.
Rz. 4
Eine besondere Bedeutung kommt im Rahmen der Mobiliarzwangsvollstreckung dem Schuldnerschutz zu, da der Gerichtsvollzieher in der unmittelbaren Wohn- und Arbeitsumgebung des Schuldners tätig wird. Die verschiedenen Ausformungen des Schuldnerschutzes sind daher darzustellen.
Rz. 5
In Teil C dieses Kapitels (siehe Rdn 540 ff.) finden dann sowohl der Bevollmächtigte des Gläubigers als auch der Bevollmächtigte des Schuldners die in der Praxis erforderlichen Anträge für die Mobiliarzwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher.
Rz. 6
Die Mobiliarzwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher wird gemeinhin als ineffektiv angesehen. Das liegt sicher an der vorgeschalteten Möglichkeit der gütlichen Einigung, aber auch an vielfältigen systembedingten Ursachen, die darzustellen nicht Aufgabe eines solchen Hand- und Formularbuches ist.
Rz. 7
Am 31.7.2009 ist im Bundesgesetzblatt das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung verkündet worden, welches zum 1.1.2013 in Kraft getreten ist. Die Reform hat vor allem die Informationsbeschaffung für den Gläubiger effektiver gestalten wollten. Durch die praktische Handhabung der Gerichtsvollzieher und die Kostenentwicklung wird dieses Element allerdings schon wieder entwertet. Dass die zusätzlichen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung die Sachpfändung bereits gestärkt hätten, kann nicht objektiv festgestellt werden. Es bedarf dazu auch der weiteren Optimierung der Anträge und engagierter Gerichtsvollzieher, die den Verhältnissen auf den Grund gehen.
Rz. 8
Hinweis
Das Kostenrecht der Gerichtsvollzieher fördert dies allerdings weiterhin nicht, sondern lässt es lohnender erscheinen, den schnellen Misserfolg zu suchen.
Rz. 9
Nach § 755 ZPO kann der Gerichtsvollzieher, den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Schuldners ermitteln, wenn dieser nicht bekannt ist. Vorrangig hat sich der Gerichtsvollzieher nach § 755 Abs. 1 ZPO zur Ermittlung des Wohn- oder Aufenthaltsorts des Schuldners an die Meldebehörden zu wenden. Der Gerichtsvollzieher ist "sonstige öffentliche Stelle" i.S.v. § 18 Abs. 1 S. 1 MRRG. Auch eine Auskunftssperre nach § 21 Abs. 5 MRRG steht der Datenerhebung des Gerichtsvollziehers nicht entgegen. Dieser hat die erlangten Daten allerdings nur zum Zwecke der Vollstreckungshandlung zu verwenden und vor dem Gläubiger (und Dritten) geheim zu halten. Der Gerichtsvollzieher darf indessen die ihm von der Meldebehörde mitgeteilte Anschrift des Schuldners zur Erledigung der beauftragten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen solange und soweit verwenden, als dem die Auskunftssperre nicht entgegensteht und er die schutzwürdigen Interessen des Schuldners a...