Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 521
Führt die Sachpfändung nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers, so gehört es zu den Aufgaben des Gerichtsvollziehers durch die Befragung des Schuldners oder die Einsichtnahme in bei der Durchsuchung aufgefundene Unterlagen, weitere Vollstreckungsmöglichkeiten zu ermitteln. § 806a ZPO verpflichtet den Gerichtsvollzieher dann seine Kenntnis von Geldforderung des Schuldners gegen Dritte unter Angaben des Namens und der Anschriften der Drittschuldner sowie des Grundes der Forderung und für diese bestehenden Sicherheiten dem Gläubiger mitzuteilen.
Rz. 522
Hinweis
In der Praxis ist immer wieder feststellbar, dass die Angaben zum Drittschuldner oder zur Forderung nur rudimentär angegeben werden.
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Soweit der Gerichtsvollzieher die Angaben des Schuldners nur unvollständig in das Protokoll aufgenommen hat, ist es nachzubessern. |
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Soweit der Schuldner keine weitergehenden Angaben gemacht hat, sollte der Gerichtsvollzieher dies zur Vermeidung von Nachfragen ausdrücklich im Protokoll festhalten. Dies erspart dem Gläubiger und dem Gerichtsvollzieher den mit Nachfragen und deren Beantwortung verbundenen Aufwand. Dabei sollte der Gerichtsvollzieher den Schuldner auf die "Gefahr" der Abnahme einer Vermögensauskunft oder der kostenintensiven Vermögensauskunft Dritter nach § 802l ZPO hinweisen und ihn so zur sorgfältigen Auskunft und ggf. Übergabe von Unterlagen motivieren. |
Rz. 523
Vor diesem Hintergrund müsste es zu den Standardmitteilungen des Gerichtsvollziehers gehören, ob der Schuldner Ansprüche auf eine Nebenkostenvorauszahlung und entsprechende Erstattungen bei Überzahlungen hat. Auch müsste es zur Standardmitteilung gehören, dass er eine Mietkaution geleistet hat, die ggf. zurückzugewähren ist. Nach der Lebenserfahrung sollte davon ausgegangen werden, dass sich in den Räumlichkeiten des Schuldners der Mietvertrag befindet, dieser dem Gerichtsvollzieher bei der Durchsuchung der Behältnisse (§ 758 Abs. 1 ZPO) in die Hände fällt, sodass der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger entsprechende Angaben machen kann. Gleichwohl finden sich nur in sehr wenigen Gerichtsvollzieherprotokollen bzw. Informationen des Gläubigers entsprechende Angaben. Gleiches gilt für die Angabe von Bankverbindung, soweit dem Gerichtsvollzieher bei der Durchsuchung der Wohnung einschließlich der Behältnisse Kontoauszüge bekannt werden. Zwar sind diese weit häufiger anzutreffen, jedoch ebenfalls nicht durchgängig. Es würde das Vertrauen in die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers bei der Pfändung nachhaltig stärken, wenn der Gerichtsvollzieher grundsätzlich seine Bemühungen dahin gestaltet, den Vermieter, den Arbeitgeber – ggf. die Stellen, die Lohnersatzleistungen erbringen und das in Anspruch genommene Kreditinstitut zu bezeichnen. Soweit ihm dies nicht möglich ist, kann das Vertrauen der Gläubiger in die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers allein dadurch gestärkt werden, dass er ausdrücklich festhält, dass bei der Durchsuchung der Wohnung keine Unterlagen aufgefunden wurden, die Feststellung des Vermieters, des Arbeitgebers, der Stellen, die Lohnersatzleistungen erbringen und des in Anspruch genommenen Kreditinstitutes erlauben und der Schuldner auf ausdrückliche Befragung hierzu keine Angaben gemacht hat. Für die Praxis ist festzuhalten, dass der Gerichtsvollzieher die Ermittlung weiterer Vollstreckungsmöglichkeiten von Amtswegen vorzunehmen hat, ohne dass es eines besonderen Antrages des Gläubigers bedarf, den Schuldner zu befragen oder vorgefundene Unterlagen einzusehen.
Rz. 524
Der Gerichtsvollzieher muss den Schuldner nicht darauf hinweisen, dass seine Angaben freiwillig sind. Eines solchen Hinweises bedarf es nur, wenn der Gerichtsvollzieher den Schuldner selbst nicht antrifft, jedoch eine zu seinem Hausstand gehörende Person. Die Freiwilligkeit der Aussage des Schuldners und des zum Hausstand gehörenden Dritten bezieht sich allerdings nur auf die Auskunftserteilung auf die Befragung des Gerichtsvollziehers hin. Soweit der Gerichtsvollzieher bei der Durchsuchung der Wohnung Schriftstücke findet und deren Inhalt zur Kenntnis nimmt, bedarf er dagegen keiner Zustimmung, diese dem Gläubiger mitzuteilen.