Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 102
Ist das Urteil nicht rechtskräftig, sondern nur gegen Sicherheitsleistung nach § 709 ZPO vorläufig vollstreckbar, so darf nach § 751 Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung nur beginnen, bzw. fortgesetzt werden, wenn die Sicherheitsleistung durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen und eine Abschrift dieser Urkunde bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Hierauf ist der Vollstreckungsantrag auszurichten.
Rz. 103
Hinweis
Ist eine durch Urteil erlassene einstweilige Verfügung nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, ist die Vollstreckung unstatthaft, wenn der Verfügungskläger innerhalb der Vollziehungsfrist zwar die einstweilige Verfügung zustellen lassen hat, aber die Sicherheit nicht geleistet hat.
Rz. 104
Der Schuldner soll so vor ungerechtfertigten Vollstreckungsmaßnahmen geschützt und hinsichtlich seines Schadensersatzanspruches aus § 717 Abs. 2 ZPO gesichert werden, wenn der der Vollstreckung zugrunde liegende Titel durch ein Rechtsmittelgericht ganz oder teilweise aufgehoben wird und so dann neben der Rückführung des im Vollstreckungswege eingezogenen Betrages ein weiterer Schaden verbleibt.
Rz. 105
Nach § 108 Abs. 1 S. 1 ZPO kann das Prozessgericht zunächst nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheitsleistung zu erbringen ist. Für diesen Fall ist dieser Bestimmung zu folgen.
Rz. 106
Fehlt es an einer solchen Bestimmung, kann die Sicherheitsleistung durch
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eine schriftliche, unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Kreditinstitutes |
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Hinterlegung von Geld |
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Hinterlegung von geeigneten Wertpapieren i.S.d. § 108 ZPO |
erfolgen. Dabei dürfte die Bürgschaftsurkunde, die für den Gläubiger auch unter Kostengesichtspunkten günstigste Art der Sicherheitsleistung darstellen.
Rz. 107
Möchte der Gläubiger nur eine Teilvollstreckung betreiben, so muss er nach § 752 ZPO auch nur eine Teilsicherheitsleistung erbringen, deren Höhe sich nach dem Verhältnis des zu vollstreckenden Teilbetrages zur Gesamtvollstreckungsforderung bestimmt.
Rz. 108
Hinweis
Hat das Gericht – wie in der Praxis zunehmend – konsequent von § 709 ZPO Gebrauch gemacht, so stellt die Berechnung kein Problem mehr dar, da das Gericht dann schon die Höhe der Sicherheitsleistung mit einem Prozentsatz der Vollstreckungsforderung bestimmt hat, der entsprechend auf die Sicherheitsleistung anzuwenden ist.
Rz. 109
Beispiel
Das Urteil über 10.000,00 EUR ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Will der Gläubiger die gesamte Forderung vollstrecken, so muss die Sicherheitsleistung 11.000,00 EUR betragen (110 % von 10.000,00 EUR). Will der Gläubiger dagegen nur einen Teilbetrag von 1.500,00 EUR vollstrecken, genügt eine Sicherheitsleistung von 1.650,00 EUR (1.500,00 EUR + 10 % von 1.500,00 EUR = 150 = 1.650,00 EUR).
Rz. 110
Ist ein Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, muss der Gläubiger dem Schuldner nach Zustellung der Prozessbürgschaft zunächst eine angemessene Zahlungsfrist einräumen. Leitet der Gläubiger die Zwangsvollstreckung zusammen mit der Zustellung ein, besteht die Gefahr, dass die hierdurch anfallenden Kosten nicht als notwendige Kosten i.S.d. § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO angesehen werden, falls der Schuldner unverzüglich nach der Zustellung leistet. Im Rahmen des schnellen bargeldlosen Zahlungsverkehrs wird man von einer Überprüfungs- und Entschlusszeit von ein bis zwei Tagen und einer Überweisungszeit von drei Tagen auszugehen haben. Insoweit muss die Frist nicht über eine Woche hinausgehen. Eine längere Frist kommt nur in Betracht, wenn für den Gläubiger Umstände erkennbar sind, dass es einer längeren Überprüfung oder eines längeren Überweisungsweges bedarf, etwa bei Auslandsberührung.
Rz. 111
Lässt das Gericht zu, dass die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Form einer Bankbürgschaft abgewendet werden darf, so muss dem Schuldner – dem Grundsatz des sichersten Weges folgend – die vom Bürgen unterzeichnete Originalurkunde übermittelt werden. Eine vom Anwalt beglaubigte Abschrift genügt dem Schriftformerfordernis nach Teilen der Rechtsprechung nicht. Andere differenzieren stärker: Darf die Zwangsvollstreckung gemäß § 751 Abs. 2 ZPO nur gegen Sicherheitsleistung betrieben werden, so soll die Zustellung einer beglaubigten Abschrift einer Bankbürgschaft von Anwalt zu Anwalt dann genügen, wenn die Bürgschaft bei Rückgabe der Bürgschaftsurkunde durch den Sicherheitsberechtigten oder mit dessen Zustimmung durch einen Dritten erlischt.
Rz. 112
Dient die Avalbürgschaft als Sicherheitsleistung i.S.v. § 709 ZPO der Ermöglichung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, sind die Kosten anlässlich der Vorbereitung der Zwangsvollstreckung entstanden und sind nach § 788 Abs. 2 ZPO durch das Vollstreckungsgericht festzusetzen. Findet nach der Zustellung der Prozessbürgschaft k...