1. Beispielsfall
Rz. 27
Der Vorteil einer Abrechnung nach Quotenvorrecht einerseits wie der Nachteil für den Mandanten andererseits, wenn der Anwalt das Quotenvorrecht nicht kennt und ihn hierzu nicht berät, wird besonders deutlich, wenn ein Beispielsfall durchgerechnet wird. Dabei soll eine Haftungsquote von ⅔ zu ⅓ zu Lasten des Mandanten unterstellt werden.
Dem Geschädigten sind beispielsweise folgende einzelne Schäden entstanden:
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5.000 EUR |
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500 EUR |
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400 EUR |
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250 EUR |
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450 EUR |
▪ |
Sonstiges (z.B. Ladungsschaden) |
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300 EUR |
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25 EUR |
Summe |
6.925 EUR |
Rz. 28
Gegenüberstellung der Berechnung nach Haftpflichtrecht zur Abrechnung nach Quotenvorrecht:
Rz. 29
Bei einer Berechnung nach dem Quotenvorrecht tritt bei diesem Beispiel noch ein weiterer "Verlust" des Mandanten dadurch ein, dass er ⅔ des Rückstufungsschadens in der Vollkaskoversicherung (AG Gießen DAR 1995, 29) plus ⅔ der Anwaltskosten für die Kaskoregulierung selbst tragen muss.
2. Einschränkung durch die modifizierte Differenztheorie
Rz. 30
Wie schon eingangs dieses Kapitels (vgl. Rdn 7) gesagt, darf die Anwendung des Quotenvorrechts im Endergebnis zu keiner Mehrzahlung des Zahlungspflichtigen (= Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer) führen. Die Regelung des § 86 Abs. 1 S. 1 VVG soll verhindern, dass der Geschädigte mehr als seinen Schaden ersetzt bekommt, der Schädiger muss also nie mehr zahlen, als seiner Haftungsquote entspricht.
Rz. 31
Das heißt: Die Berechnungen des Ausgangsfalls können nicht auf jeden Haftungsfall angewandt werden. Wenn z.B. die Anspruchsquote des Geschädigten gering ist, kann er auch bei einer Berechnung nach dem Quotenvorrecht nie mehr erhalten als das, was der Schädiger ihm nach seiner Haftungsquote insgesamt schuldet.
Rz. 32
Das wird deutlich, wenn das vorstehende Beispiel mit einer Haftungsquote von 80 % zu 20 % zu Lasten des Mandanten gerechnet wird:
Rz. 33
Das Beispiel zeigt, dass die Summe der quotenbevorrechtigten Positionen nie mehr ergeben darf als die Summe der gleichen, aber quotierten Positionen. Je geringer die Anspruchsquote des Mandanten, umso eher führt die Kontrollrechnung zu einer solchen Begrenzung der quotenbevorrechtigten Positionen.
Rz. 34
Beachte
Die dem Geschädigten zu erstattenden quotenbevorrechtigten Schadenspositionen finden ihre Obergrenze in der Höhe des vom Schädiger nach seiner Haftungsquote zu ersetzenden, auf diese Positionen bezogenen Schadens.
Rz. 35
Die aufgrund der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung durch den Anwalt des Geschädigten entstehenden Rechtsanwaltskosten sowie der Anspruch auf Erstattung des verlorenen Schadensfreiheitsrabatts in der Kaskoversicherung (Rückstufungsschaden) sind – so jedenfalls die bisher überwiegende Rechtsansicht – als nichtquotenbevorrechtigte Sachfolgeschadenspositionen vom Schädiger nach seiner Haftungsquote zu ersetzen (OLG Hamm zfs 1983, 12 m.w.N.; BGH zfs 1992, 48). Allerdings sind die Kosten der Beauftragung eines Anwaltes wegen der Kaskoregulierung jedenfalls dann ein durch die Gegenseite zu erstattender Schaden, wenn sich der Kaskoversicherer in Verzug befand und deshalb – anschließend – anwaltliche Hilfe erforderlich wurde (Ausführungen hierzu siehe Rdn 19 ff., § 8 Rdn 438 ff.).
Rz. 36
In der Praxis hat es sich als praktisch erwiesen, mit einem Formular zu arbeiten, das die Berechnung des Quotenvorrechts erleichtert. Deshalb haben die Autoren ein solches Formular entwickelt und als Anlage 6 im Anhang dieses Buches beigefügt (siehe § 14 Rdn 7).