Rz. 123
Mit Art. 17 Abs. 2 DSGVO greift die Verordnung die bereits erwähnte Rechtsprechung des EuGH zum "Recht auf Vergessenwerden" gegenüber Suchmaschinenbetreibern auf, geht jedoch wesentlich über die hier vom EuGH aufgestellten Grundsätze hinaus und beschränkt die Verpflichtungen auch nicht auf Handlungen im Internet. Hat der Verantwortliche die personenbezogenen Daten (wie auch immer) öffentlich gemacht und ist er gemäß Art. 17 Abs. 1 zu deren Löschung verpflichtet, so hat er unter Berücksichtigung der verfügbaren Technologie und der Implementierungskosten angemessene Maßnahmen, auch technischer Art, zu ergreifen, um auch alle anderen Verantwortlichen, die auf diese Daten ggf. zugegriffen haben und diese ebenso verarbeiten, darüber zu informieren, dass die betroffene Person von ihnen (also allen potentiell Verantwortlichen, nicht nur des konkret handelnden) die Löschung aller Links zu diesen personenbezogenen Daten oder von Kopien oder Replikationen dieser personenbezogenen Daten verlangt hat.
Rz. 124
Art. 17 Abs. 2 DSGVO fordert insoweit keine direkte Kontaktaufnahme mit jedem Verantwortlichen. Dies wäre auch in der Praxis kaum umsetzbar, weil diejenigen, die auf öffentlich zugänglich gemachte Daten Zugriff genommen haben, dem Verantwortlichen in aller Regel gar nicht bekannt sind. Welche Technologien vom Verantwortlichen einzusetzen sind und wann die Implementierungskosten derartiger Technologien noch angemessen sind, lässt die Verordnung offen. Sie überträgt aber mit Art. 70 Abs. 1 lit. d) DSGVO dem Europäischen Datenschutzausschuss die Aufgabe, für die Bereitstellung von Leitlinien, Empfehlungen auszusprechen und für bewährte Verfahren für die Löschung gemäß Artikel 17 Abs. 2 DSGVO zu sorgen. Bis derartige Leitlinien und Empfehlungen veröffentlicht werden, bleibt es am Verantwortlichen selbst, entsprechende Möglichkeiten zu eruieren. Dabei wird man wohl davon auszugehen haben, dass die Information jedenfalls in der Weise und unter Einsatz des Mediums zu erfolgen hat, unter dem auch die ursprüngliche öffentliche Zugänglichmachung stattgefunden hat. Erfolgte diese also über eine Webseite, so ist auch die Information nach Art. 17 Abs. 2 DSGVO wenigstens auf eben dieser Webseite vorzuhalten. In einem solchen Fall besteht die Möglichkeit des Einsatzes sog. robots.txt-Dateien im Stammverzeichnis der Website. Damit wird Suchmaschinen-Crawlern signalisiert, auf diese Inhalte nicht weiter zuzugreifen. Soweit ein Webangebot in einem Internetarchiv gespeichert wurde, wird man (wohl) auch verlangen können, dieses über das Löschungsverlangen zu informieren. Ob darüber hinaus auch ein Verlangen an Suchmaschinenanbieter zu richten und damit "für den Betroffenen" sein Recht auf Vergessen gegenüber diesen durchzusetzen ist, bleibt abzuwarten. Art. 17 Abs. 2 DSGVO selbst fordert nur eine Information, keine Durchsetzung der Löschung bei Drittanbietern, so dass es zwar durchaus vertretbar erscheint, den Verantwortlichen dazu zu verpflichten, den Suchmaschinenanbieter zu informieren, nicht jedoch dazu, die Herausnahme auch durch diesen zu überwachen oder gar (gerichtlich) durchzusetzen. Es obliegt dem "anderen Verantwortlichen" selbst, zu prüfen, ob ihn eine Löschungspflicht trifft oder nicht.