Rz. 12
Bei dem Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit handelt es sich um den allgemeinen Insolvenzgrund. Der Schuldner bzw. der Nachlass ist danach zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist i.d.R. anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Das Gesetz normiert in § 17 InsO damit zum einen Definition der Zahlungsunfähigkeit, zum anderen eine gesetzliche Vermutung. Der Schuldner muss demnach nicht mehr in der Lage sein, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Der BGH sieht beim Schuldner regelmäßig dann eine Zahlungsunfähigkeit als gegeben an, wenn der Schuldner 10 % oder mehr seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten länger als drei Wochen nicht erfüllen kann. Zu betrachten ist hierbei das liquide Barvermögen des Schuldners, welches in Relation zu seinen Zahlungspflichten zu setzen ist. Gebundene, schwer verwertbare Vermögenswerte bleiben bei dieser Betrachtung außen vor. Der Schuldner muss also de facto "aktuell" nicht zahlungsfähig sein, obwohl er zahlungswillig ist.
Rz. 13
Zeichnet sich hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit ab, dass die Liquiditätslücke alsbald ganz oder nahezu ganz beseitigt werden wird, liegt keine Zahlungsunfähigkeit (sondern "Stockung") vor, soweit den Gläubigern ein Zuwarten zuzumuten ist. Fälligkeit i.S.d. § 17 InsO liegt dann vor, wenn die Forderung gem. § 271 BGB fällig und frei von Einwendungen und Einreden ist, also zum einen durchsetzbar ist und zum anderen vom Gläubiger auch eingefordert wird. Bei der in § 17 Abs. 2 InsO normierten gesetzlichen Vermutung handelt es sich um eine widerlegbare Vermutung. Durch eine Wiederaufnahme der Zahlungen etwa lässt sich die Zahlungseinstellung als Vermutung der Zahlungsunfähigkeit widerlegen. Auch ist die Zahlungseinstellung zu unterscheiden von einer – ggf. sogar nachvollziehbaren oder begründeten – Zahlungsunwilligkeit. Der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit kann daher i.R.d. gesetzlichen Vermutung auch in der Praxis häufig für insolvenzwidrige Zwecke ("Druck ausüben eines Gläubigers") seinen Missbrauch finden.