Rz. 33
Gegenstand des Insolvenzeröffnungsbeschlusses ist u.a. die Aufforderung an die Gläubiger, ihre Forderungen beim Verwalter innerhalb der im Eröffnungsbeschluss genannten Frist schriftlich anzumelden, § 28 Abs. 1 InsO. Der Beschluss wird den bekannten Gläubigern regelmäßig schriftlich übermittelt. Für unbekannte Gläubiger tritt das Petitum der Forderungsanmeldung lediglich durch die öffentliche Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses und dieser Aufforderung in den (deren) Kenntniskreis. Die Forderungsanmeldung als Basis der weiteren Partizipation am Verfahren muss dann "aktiv" durch den Gläubiger erfolgen.
Rz. 34
Nach erfolgter Anmeldung beim Insolvenzverwalter trägt dieser die Forderung in die Insolvenztabelle ein. Durch die Eintragung in die Tabelle ist allerdings noch nicht sichergestellt, dass der betroffene Gläubiger auch sein Stimmrecht wirksam ausüben kann. Dies geschieht vielmehr erst in der Gläubigerversammlung nach erfolgter Prüfung der angemeldeten Forderung. In der Gläubigerversammlung gewähren dann nur die Forderungen, die entsprechend der Aufforderung im Eröffnungsbeschluss folgend ordnungsgemäß angemeldet und weder vom Verwalter noch von einem stimmberechtigten Gläubiger bestritten wurden, ein Stimmrecht. Voraussetzung für ein uneingeschränktes Stimmrecht ist daher eine ordnungsgemäß angemeldete Forderung, die nicht bestritten und bereits geprüft ist.
Rz. 35
Wurde Widerspruch erhoben (durch den Verwalter oder einen stimmberechtigten Gläubiger, also einen Gläubiger, der selbst über eine unbestrittene Forderung verfügt), ist das Stimmrecht anderweitig zu prüfen und festzustellen. Für die Ausübung des Stimmrechts ist dann zu prüfen, ob sich die Beteiligten auf ein Stimmrecht einigen können. Eine solche Einigung wäre zu Protokoll zu nehmen, also schriftlich festzuhalten. Ist eine Forderung von einem stimmberechtigten Gläubiger oder dem Verwalter bestritten worden, kann deren Inhaber dennoch an den Abstimmungen innerhalb der Gläubigerversammlung teilnehmen, wenn sich der Insolvenzverwalter und die anwesenden stimmberechtigten Gläubiger dahingehend einigen, dass er trotz des Bestreitens seiner Forderung (ggf. in einem abweichenden Umfang) stimmberechtigt sein soll. Eine Stimmberechtigung folgt danach einer eventuell vorangegangenen Stimmrechtseinigung zwischen Verwalter und den übrigen erschienenen stimmberechtigten Gläubigern. Diese wäre durch den Rechtspfleger bzw. den Sitzungsleiter zu protokollieren, § 76 Abs 1 i.V.m. § 160 ZPO. Liegt keine Einigung vor, muss eine Stimmrechtsentscheidung getroffen werden.
Rz. 36
Die Entscheidung des Gerichts erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen anhand einer Sachverhaltsprüfung, einer Prüfung der Unterlagen und einer Wahrscheinlichkeitsbetrachtung dahingehend, inwieweit "die Forderung überwiegend wahrscheinlich ist." Die Entscheidung ergeht durch zu begründenden Beschluss. Dieser muss zwar nicht gutachterlich ausfallen, er sollte aber jedenfalls auf den wesentlichen Kern des Vortrags eines Beteiligten zu einer zentralen Frage eingehen. Die Stimmrechtsentscheidung fordert vom Sitzungsleiter daneben eine zumindest kursorische materielle Prüfung anhand der vorliegenden Unterlagen. Dabei handelt es sich zwar um eine Ermessensentscheidung des Gerichts, aber dieses hat dennoch alle Faktoren, die für und gegen das Bestehen der Forderung und deren Höhe sprechen, abzuwägen. Die Zulassung des Stimmrechts hat keinerlei Auswirkung auf die Frage des Bestehens der Forderung selbst und ebenso keine Auswirkung auf das Ergebnis des Prüfungstermins.
Rz. 37
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Muster 6.1: Tenor einer Stimmrechtsentscheidung
Beschluss
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des/der
_________________________
Schuldner: _________________________
_________________________ GmbH, _________________________ (Adresse), HRB _________________________ Registergericht _________________________, vertreten durch den Geschäftsführer _________________________, _________________________ (Adresse).
Insolvenzverwalter/in: Rechtsanwalt _________________________, _________________________ (Adresse)
Nachdem eine Einigung zwischen dem Insolvenzverwalter und den erschienenen stimmberechtigten Gläubigern über die Höhe des Stimmrechts des
Gläubigers _________________________ (Adresse)
nicht zu erzielen war, war insoweit das Stimmrecht für die heutige Gläubigerversammlung festzusetzen auf
500 EUR,
§ 77 Abs. 2 S. 2 InsO.
Gründe:
_________________________ (Begründung)
Unterschrift Rechtspfleger
Rz. 38
Für die Stimmrechtsentscheidung ist der Rechtspfleger zuständig, §§ 3 Nr. 2e, 18 RPflG, soweit sich der Richter das Verfahren nicht vorbehalten hat. Die Stimmrechtsentscheidung selbst muss noch im Termin erfolgen und hindert zuvor die weitere Abstimmung. Grundsätzlich ist gegen eine Stimmrechtsentscheidung mangels Nennung (siehe § 6 Abs. 1 InsO) kein Rechtsmittel gegeben. Auch die ansonsten im Falle einer Rechtspflegerentscheidung stets denkbare Erinner...