Rz. 61
Die InsO regelt verschiedene Ausschussarten in den jeweiligen Verfahrensabschnitten (Eröffnungsverfahren und eröffnetes Verfahren), namentlich den endgültigen Ausschuss im eröffneten Verfahren, dessen Einsetzung fakultativ in der Gläubigerversammlung (§ 67 InsO) erfolgen kann, sowie den sog. vorläufigen Gläubigerausschuss ab Verfahrenseröffnung bis zur Gläubigerversammlung (auch "Interimsausschuss" genannt). Ferner kommt nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO als (weitere) Sicherungsmaßnahme im Eröffnungsverfahren die Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses (in der Literatur und hier zur besseren Unterscheidbarkeit mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss im eröffneten Verfahren teilw. auch als vor-vorläufiger Gläubigerausschuss bezeichnet) in Betracht. Hierdurch soll die aktive Gläubigerbeteiligung und deren Einbindung bereits im Vorfeld stark gefördert werden.
Rz. 62
Neben diesem vor-vorläufigen Ausschuss als Sicherungsmaßnahme sind weitere vor-vorläufige Ausschussarten im Eröffnungsverfahren denkbar. Zu nennen ist hier zunächst der sog. Antragsausschuss nach § 22a Abs. 2 InsO. Das Gericht soll auf Antrag des Schuldners, des vorläufigen Insolvenzverwalters oder eines Gläubigers einen (vor-)vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 22a Abs. 2 InsO einsetzen, wenn Personen benannt werden, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen und dem Antrag Einverständniserklärungen der benannten Personen beigefügt werden. Auf Aufforderung des Gerichts haben der Schuldner oder der vorläufige Insolvenzverwalter zudem Personen zu benennen, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen.
Rz. 63
Daneben kann im Eröffnungsverfahren noch der sog. Pflichtausschuss infrage kommen. Dieser wurde durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7.12.2011 (ESUG) mit Wirkung ab 1.3.2012 geschaffen. Dieser obligatorische vor-vorläufige Ausschuss ist dann einzusetzen, wenn zwei der in § 22a Abs. 1 InsO aufgelisteten Merkmale beim Schuldner erfüllt sind, er also
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mindestens 6.000.000 EUR Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags i.S.d. § 268 Abs. 3 HGB, |
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mindestens 12.000.000 EUR Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag oder |
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im Jahresdurchschnitt mindestens fünfzig Arbeitnehmer |
nachweisen kann.
Rz. 64
Dieser vor-vorläufige Gläubigerausschuss kann bei allen wichtigen Aufgaben und Entscheidungen im Eröffnungsverfahren mitwirken und mitbestimmen. Ist er konstituiert, ist er auch bei der Frage der Verwalterauswahl anzuhören. Ist ein vor-vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt, ist diesem nämlich nach § 56a Abs. 1 InsO die Möglichkeit zu geben, zur Person des beabsichtigten Insolvenzverwalters und zu dessen Anforderungsprofil Stellung zu nehmen. Hierdurch sollen seit dem ESUG die Rechte der Gläubiger bereits im Vorfeld gestärkt und diese eingebunden werden, da sich in der Praxis gezeigt hat, dass eine Abwahl des Verwalters erst in der ersten Gläubigerversammlung kaum eine praktische Rolle spielte. Aus der Vorschrift folgt aber nicht, dass der (vor-)vorläufige Gläubigerausschuss auch ein solches Votum abgeben muss. Es ist fakultativ.
Rz. 65
Entschließt sich der (vor-)vorläufige Gläubigerausschuss zu einem einstimmigen Votum an Profil und Person eines Insolvenzverwalters, ist das Gericht hieran zunächst gebunden. Eine solche "feste" Regelung bestand vor dem ESUG nicht und wurde angesichts der richterlichen Unabhängigkeit durchaus kritisch betrachtet. Gerade hier zeigt sich die neue "Macht" der Gläubiger, die stark an Einfluss gewonnen haben. Das Gericht darf in einem solchen Fall nur vom einstimmigen Vorschlag des (vor-)vorläufigen Gläubigerausschusses abweichen, wenn die vorgeschlagene Person für die Übernahme des Amtes nicht geeignet erscheint. Hier bedarf es dann einer expliziten Begründung (vgl. § 56a Abs. 2 InsO). Trifft das Gericht eine andere Entscheidung, muss es aber zwingend zumindest die gestellten Anforderungsprofile zugrunde legen.
Rz. 66
Ein (vor-)vorläufiger Gläubigerausschuss ist grundsätzlich dann nicht einzusetzen, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners eingestellt ist, die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnismäßig ist oder die mit der Einsetzung verbundene Verzögerung zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt. Gerade im Nachlassinsolvenzverfahren spielt der vorl. Ausschuss daher selten eine Rolle.