Rz. 29
Die Rechte der Gläubiger im Nachlassinsolvenzverfahren sind mit denen in einem "herkömmlichen" Insolvenzverfahren identisch. Zu nennen ist dabei insbesondere das Recht zur aktiven Teilnahme, das Recht zur Ausübung von Stimmrechten und das Recht zur Stellung von Anträgen. Die Ausübung solcher Rechte ist dabei – wie z.B. § 290 InsO im Falle des normalen Insolvenzverfahrens zeigt – i.d.R. aber von einer Verfahrensteilnahme abhängig. Nur derjenige Gläubiger, der seine Forderung anmeldet und daher am Verfahren teilnimmt, soll auch Rechte geltend machen. Dabei ist klar: Hier geht es nicht um eine Restschuldbefreiung. Aber Einflussnahme auf das tatsächliche Handeln des Verwalters, die Entscheidungen nach § 160 InsO (besonders bedeutsame Handlungen) usw. obliegen nun mal nur den sich beteiligenden Gläubigern. Weitere Rechte sind natürlich die Selbstorganschaft, das Recht auf Prüfung und Konstitution in Gremien wie etwa dem Gläubigerausschuss. Im Folgenden werden einige Gläubigermöglichkeiten beschrieben.
1. Teilhabe an der Wahl des Verwalters
Rz. 30
Grundsätzlich werden seit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) Gläubiger noch stärker in ein Verfahren einbezogen. So bestehen bereits im Eröffnungsverfahren Möglichkeiten, auf die Wahl des Insolvenzverwalters Einfluss zu nehmen. Im Nachlassinsolvenzverfahren besteht i.d.R. kein vorläufiges Insolvenzverfahren. Die Regelungen des ESUG sind hier nicht von Belang. Die Ausführungen beschränken sich daher speziell auf das Nachlassinsolvenzverfahren.
Rz. 31
In der ersten Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt (= der Berichtstermin), können die Gläubiger grundsätzlich an dessen Stelle eine andere Person als Verwalter wählen. Das Gesetz setzt an dieser Stelle also auf die Gläubigerautonomie und gibt der Gesamtgläubigerschaft – nicht einzelnen Gläubigern – das Recht, über die Person des Verwalters neu zu beschließen. Die Wahl eines neuen Verwalters bedarf der Mehrheit der an der Gläubigerversammlung teilnehmenden stimmberechtigten und abstimmenden Gläubiger und der Mehrheit der durch diese repräsentierten Forderungen. Stimmenthaltungen zählen nicht mit.
Rz. 32
Die Gläubigerversammlung muss ihre Wahl nicht begründen. Erst mit der bestätigenden Entscheidung durch das Gericht ist der Wechsel in dem Verwalteramt bewirkt. Das Gericht kann die Bestellung des Gewählten grundsätzlich nur versagen, wenn dieser für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist.
2. Ausübung von Stimmrechten
Rz. 33
Gegenstand des Insolvenzeröffnungsbeschlusses ist u.a. die Aufforderung an die Gläubiger, ihre Forderungen beim Verwalter innerhalb der im Eröffnungsbeschluss genannten Frist schriftlich anzumelden, § 28 Abs. 1 InsO. Der Beschluss wird den bekannten Gläubigern regelmäßig schriftlich übermittelt. Für unbekannte Gläubiger tritt das Petitum der Forderungsanmeldung lediglich durch die öffentliche Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses und dieser Aufforderung in den (deren) Kenntniskreis. Die Forderungsanmeldung als Basis der weiteren Partizipation am Verfahren muss dann "aktiv" durch den Gläubiger erfolgen.
Rz. 34
Nach erfolgter Anmeldung beim Insolvenzverwalter trägt dieser die Forderung in die Insolvenztabelle ein. Durch die Eintragung in die Tabelle ist allerdings noch nicht sichergestellt, dass der betroffene Gläubiger auch sein Stimmrecht wirksam ausüben kann. Dies geschieht vielmehr erst in der Gläubigerversammlung nach erfolgter Prüfung der angemeldeten Forderung. In der Gläubigerversammlung gewähren dann nur die Forderungen, die entsprechend der Aufforderung im Eröffnungsbeschluss folgend ordnungsgemäß angemeldet und weder vom Verwalter noch von einem stimmberechtigten Gläubiger bestritten wurden, ein Stimmrecht. Voraussetzung für ein uneingeschränktes Stimmrecht ist daher eine ordnungsgemäß angemeldete Forderung, die nicht bestritten und bereits geprüft ist.
Rz. 35
Wurde Widerspruch erhoben (durch den Verwalter oder einen stimmberechtigten Gläubiger, also einen Gläubiger, der selbst über eine unbestrittene Forderung verfügt), ist das Stimmrecht anderweitig zu prüfen und festzustellen. Für die Ausübung des Stimmrechts ist dann zu prüfen, ob sich die Beteiligten auf ein Stimmrecht einigen können. Eine solche Einigung wäre zu Protokoll zu nehmen, also schriftlich festzuhalten. Ist eine Forderung von einem stimmberechtigten Gläubiger oder dem Verwalter bestritten worden, kann deren Inhaber dennoch an den Abstimmungen innerhalb der Gläubigerversammlung teilnehmen, wenn sich der Insolvenzverwalter und die anwesenden stimmberechtigten Gläubiger dahingehend einigen, dass er trotz des Bestreitens seiner Forderung (ggf. in einem abweichenden Umfang) stimmberechtigt sein soll. Eine Stimmberechtigung folgt danach einer eventuell vorangegangenen Stimmrechtseinigung zwischen Verwalter und den übrigen erschienenen stimmberechtigten Gläubigern. Diese wäre durch den Rechtspfleger bzw. den Sitzungsleiter zu protokollieren, § 76 Abs 1 i.V.m. § 160 Z...